Präludium
Noch mal kurz (stimmt nicht, ist ganz schön lang geworden) zusammengefasst einige grundsätzliche Gedanken zur Lagerung von Puerh.
Die meisten von euch werden das alles schon wissen, aber dem ein oder anderen Neueinsteiger in die Materie könnte das vielleicht eine gute Einstiegshilfe bieten.
Ich glaube es gibt zwei typische Motivationen sich mit der korrekten Lagerung von Puerh zu beschäftigen.
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Man will dass der Tee den man z.B. jetzt kauft, in ein paar Jahren noch ähnlich gut schmecken wird.
— Lagerung um den Tee vor negativen Veränderungen zu schützen -
Mann will die für Puerh typische „Reifung“ unterstützen, ermöglichen, oder sogar beschleunigen
– Lagerung um positive Veränderungen zu begünstigen
Besonders kompliziert wird das Thema ja, wie ich finde, durch die vielen unterschiedlichen, teils sich ziemlich wiedersprechenden, Standpunkte die von verschiedenen Experten oder Teetrinkern (siehe letzter Teil) vertreten werden.
Die beiden wichtigsten Faktoren die es bei all dem jedenfalls immer zu beachten gilt sind…
- Luftfeuchtigkeit
- Temperatur
So gibt es z.B. in Hong Kong über das Jahr hin Werte von 17 ~ 28° C, bei einer Luftfeuchtigkeit von 72% bis zu 90%.
Bei mir in der Wohnung (nähe Stuttgart) messe ich selten mehr als 55% Luftfeuchte und ca. ~ 19 bis 22° C
Entscheidend ist natürlich (logischer Weise) die Luftfeuchtigkeit und Temperatur an dem Ort wo genau der Tee gelagert wird. (Wobei schon mal jetzt zu erwähnen ist, dass warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als kalte.) Die Werte können dabei natürlich innerhalb des Hauses, des jeweiligen Raumes in der Wohnung (Küche ist in der Regel ein schlechter Ort), oder auch nochmal in dem Schrank in dem der Tee liegt variieren. Klimaanlagen, Heizungen, Lüftungsgewohnheiten, Badezimmer etc. können die Faktoren Hitze und Luftfeuchtigkeit beeinflussen.
Konzentrieren wir uns nun auf Punkt 1. ( = Puerh vor neg. Veränderungen schützen)
Es gibt sozusagen verschiedene Puerh Lager Schulen…
( Wer sich wohl mit Englisch fühlt hier auf TeaDb ebenso ein Text zu den "verschiedenen Schulen" http://teadb.org/puerh-storage/ )
1. Die „ich mache nichts bzw. nicht viel“ Schule … bewahrt Bings an einem Ort auf an dem sie vor intensiven Gerüchen geschützt sind, vermeiden Sonnen-Licht, Wasserdampf, extreme Hitze oder Kälte. Machen sich wenig Sorgen. (man beachte: gigantisch großer Unterschied ob dieser Schule in Hong Kong oder in Stuttgart gefolgt wird)
2. Die „ich stelle eine Schale Wasser auf Schule“ … wollen ohne viel Aufwand dem austrocknen oder Sauer werden ihres Tee entgegen wirken… (Und ob Puerh wohl wirklich durch zu niedrige Luftfeuchtigkeit mit der Zeit sauer wird? Wer weiss ob das wirklich stimmt oder nur ein Gerücht ist?)
3. Die „ich verpacke meine Bings luftdicht Schule“ … entweder in Druckverschlussbeutel oder sie versiegeln sie sogar mit einem Vakuumierer/ Folienschweißgerät.
4. Die "ich bewahre meinen Tee in glasierten, mehr oder weniger luftdichten, Gefäßen auf“ ...und füge vielleicht noch einen Keramik-Tabakbefeuchter hinzu.
(siehe dazu Cwyns Blog)
5. Die „ich betreibe einen Wahnsinnsaufwand um meine Bings bei einer bestimmten Luftfeuchtigkeit und bestimmten Temperatur zu lagern“ ...ohne dass sie von Schimmel befallen werden und ohne dass sie durch zu viel Ventilation (soll dem Schimmel entgegenwirken), Luftaustausch an Aroma verlieren. Diese Menschen bauen sich meisstens eine Art „Pumidor“… ein Kühschrank… ein Weinkühler, einer Massanfertigung aus Holz… der Phantasie sind wenig Grenzen gesetzt.
"Storage Wars" - Zitate
Folgende Zitate geben einen guten Einblick in die Diskussion und zeigen wie unterschiedlich die Einschätzungen in der "Szene" sein können:
Da ist z.B. ein Puerh begeisterter, der sehr viel Zeit in den Bau eines großen aufwändigen „Pumidors“ gesteckt hat… plötzlich überzeugt ist alle Cakes Vakuum versiegeln zu müssen. Er glaubt dass seine Bings, wahrscheinlich, so nimmt er an, durch die viele Ventilation, die er installiert hat um dem Schimmel entgegenzuwirken, an Geschmack verloren haben.
ZitatOver the months as I would taste-compare sealed teas to unsealed ones, I eventually became a convert and now nearly all of my teas are sealed up.
LINK: http://listeningtoleaves.blogspot.de/2013/10/new-storage-experiment.html
Wohlgemerkt ging es hier um den Aromaverlust, der sich, angeblich durch zu starke Ventilation eingestellt habe… nicht um Säure.
Dennoch, das Luftdichte verpacken ist bei vielen Puerhtrinkern offensichtlich beliebt…
Auch @miig bedient sich offenbar laut einem teachat post der nahezu luftdichten „ziploc bags“
Zitat
Well, I am bagging my tea in ziploc bags, but not vaccum-sealing them.
BUT: I live in an area where it is quite dry, so mold is not a danger here, unless one adds humidity. And, I don't expect the teas to mature, just to stay the way they are.
Its just because humidifying the tea would be too much effort for me and I'm not willing to take the risk. If I were to live in a more humid climate, that'd be great, then I'd just put them into crocks and hope for some additional ageing.
Während ein uns ebenso hier gut bekannter Teefreund namens @GoldenTurtle schreibt:
ZitatIch bin mir nicht sicher, ob das nicht von der ich sag mal westlichen Pu-Community ein falscher Rückschluss ist. Ich persönlich denke, die Problematiken haben in dem Bereich viel mehr mit Luftmangel zu tun, gerade z.B. bei luftdichten Aromabags, wo dann aber der mangelnden (Luft-)Feuchtigkeit die Schuld gegeben wird. Auch die säuerliche Note schliesse ich persönlich darauf, und nicht auf eine gewisse (Luft-)Trockenheit. Ich meine, wenn die Bakterien wegen Luftmangel nach ca. einem Jahr oder so luftdicht verpackt zugrunde gehen, ist es ja nur verständlich, wenn sie deswegen sauer werden. ...
Link zum Faden hier
Dieser (@GoldenTurtle) war es auch, der über die hier von Cwyn propagierte Methode:
ZitatCrocks create a microclimate that is slower to react to changes in weather. The lids are loose enough to allow a bit of air in and out. To add humidity, I use a clay pouch button. A pouch button is normally used for keeping loose tobacco or weed at the proper humidity. It consists of a clay disc inside a metal case, you soak the button in water for a half hour or more until the clay inside is soaked, wipe it off and add it to your stash. The humidity lasts around 4-5 days.
Gerne ausgiebig bei seiner nächsten Teerunde Tränen hat lachen wollen
ZitatIch habe es sicher schon im vergangenen Jahr drei, vier Mal erwähnt: Bei einem Gespräch über Lagerung hat Menglin vor jeder humidormässigen innergefässlicher Befeuchtung streng abgeraten. Lol, und das Ganze dann auch noch in einem glasierten Gefäss mit Deckel! Muss ich ihr bei der nächsten Teerunde erzählen, ich hoffe dass ein paar andere Teehändler auch noch dabei sind - das gibt ne Gaudi, da werden wahrscheinlich Tränen gelacht. ...
Ähnlich kontrovers sind hier die Ansichten, wo sich Marshaln und Karyazen eine deftige Diskussion zum Thema Pro/ Contra „sealing" vs. „open storage“ geliefert haben
MarshalN :
Zitat
I have always advocated storing in environments with minimal air exchange and fully stocked with tea. That's how vendors have always stored their tea - have a small storage space and fill it up with tea, and let nature take its own course. If you thought open storage means blowing air on the cakes with fans, well, that's your own assumption getting in the way. Maybe your friends open storage is flawed because he allowed too much air flow.
kyarazen :
Zitatso in reality, in the hands of the hk merchants, they were already unknowingly doing some form of "sealed" storage. the quantities they handled are so large, so many, that every room, warehouse becomes a microcosm of its own. other types of sealing includes storing in ceramic containers, tea caddies,huge flower pots, cupboards, etc.
in the hands of tea drinkers, when quantities become smaller, single cakes sometimes, when it involves a plastic sheet, a shrink wrap, a food grade bag, or some similar material it ends up causing some aversion.
Wie schon an anderer Stelle erwähnt war es auch Marshaln der hier über die Bedingungen in Deutschland schrieb
ZitatSo when I was in Germany, I noticed that the weather was quite warm, but it was very, very dry. It also gets cold rather quickly at night. Of course this is far from desert like climate, but it reminds me of Beijing, where the weather can also be pretty dry and warm. In my experience, places like that produce really badly stored cakes – they literally feel dry when you drink them, and are usually devoid of fragrance and flavour. Heat with too-low humidity is no good – the ones I’ve tried where they have been stored in high heat, low humidity places tend to be really, really nasty.
Und zu guter letzt gibt es da einen Paul aka. TwoDog von White2Tea der es eher gelassen sieht und anmerkt, dass jeder Tee eben, entsprechend seiner Umgebung, ein einzigartiges Ergebnis hervorbringen wird…
ZitatMuch of my America stored Pu is in relatively dry conditions (though I take measures to control the humidity around my teas) and those Puer teas are all progressing beautifully. I thought this point was worth dwelling upon, as I personally do not see a point in righteous storage dogma. Puer storage is a means to different outcomes, and I enjoy many of them.
Link: http://www.twodogteablog.com/tag/puer-storage/
Wenn man jetzt noch den 2. Ausgangs-Punkt von oben (Puerh zur Reife bringen) beachtet… ergeben sich weitere Fragen… so z.B. kann man durch das vakuum verpacken von Bings diese vielleicht effektiv vor Aromaverlust schützen (ohne dass die Cakes, wie von GoldenTurtle befürchtet sauer werden?), verhindert so allerdings nahezu jegliches altern/reifen?
Aufgrund der vielen interessanten Fragen die dieses Thema mit sich bringt habe ich mich dazu entschlossen einige Experimente zu machen, unter anderem einen Pumidor zu "bauen" bzw. einen Kühlschrank in einen solchen umzubauen… aber dazu demnächst mehr.
- Charyu, chenshi-chinatee und miig reagierten darauf
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