Paul Geschrieben 28. November 2017 Autor Teilen Geschrieben 28. November 2017 "Coelum non animum mutant qui trans mare currunt" Horaz und im Hintergrund spielt John Coltrane Naima und man stellt eine Entdeckung vor: Jonathan Swift: Gullivers Reisen aus dem Englischen übersetzt von Christa Schuenke erschienen als Neuausgabe im Manesse Verlag zum wohlfeilen Preis von 28 € und somit als Weihnachtsgeschenk zu empfehlen und ans übervolle Herz zu legen. Jeder kennt Gullivers Reisen! Aber das ist ja gerade das Elend! Jeder kennt Gullivers Reisen, aber nur in den verdammungswürdigen gereinigten Kinderfassungen, Cassetten, CD's oder als Verfilmung. Die wenigsten haben das ganze Buch gelesen - und das ist jammerschade. Nun zum 350. Geburtstag von Jonathan Swift am 30. 11. (das ist übermorgen und noch genug Zeit hin sich mit Alkohol und Speisen einzudecken um diesen Geburtstag feierlich zu begehen) hat der Manesse Verlag dieses Buch neu herausgebracht. Und so hübsch herausgebracht: Umschlag und Vorsatz gestaltete das Münchner Favoritbüro unter Verwendung einer Zeichnung aus der Erstausgabe von Swifts Gulliver. Auf dem Umschlag (türkis, aber viel hübscher als man sich diese Farbe normalerweise vorstellt) sind die Inseln mit Gold gezeichnet, auf denen Gulliver strandet, auf dem Vorsatz findet man Wellen, das Lesebänchen ist in einem warmen Gelb gehalten und die Fadenheftung auch. Äußerlichkeiten. Äußerlichkeiten sind wichtig in einer Welt in der nur noch auf "innere Werte" geachtet wird. Fakt ist, wenn man diese Buch einem Menschen schenkt, der weiß was Schönheit ist macht man sich nicht zum Trottel. Die Geschichte nacherzählen um die es geht ist albern - die kennt ja schon jeder - von wegen. Was nicht jeder weiß ist, daß gegen Swift Jan Böhmermann ein satirisches Leichtgewicht ist. So hat er ein Pamphlet verfasst (Swift): "A Modest Proposal" in dem er sich mit der Armut in Irland befasst. Er bietet Lösungsvorschläge an, die zu mindestens "ungewöhnlich" sind: von den jährlich (1729 wurde der Text veröffentlicht) 120 000 irischen Kindern, die in Armut hineingeboren werden, sollen 20 000 pro Jahr zu Fortpflanzung aufbewahrt werden, die übrigen 100 000 sollen an "Personen von Qualität und Vermögen" zum Verzehr verkauft werden. "A Modest Proposal" ist eine der wichtigsten Satiren der Weltliteratur und sollte gelesen werden. Danach liest man Gullivers Reisen anders und es wird einem klar was für ein Unfug es ist "Kinderausgaben" von solchen Büchern herzustellen. Mein Rat: unbedingt kaufen, diese Ausgabe des Gullivers, lesen und verschenken z. B. an Weihnachten. Ann reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 14. Februar 2018 Autor Teilen Geschrieben 14. Februar 2018 "Ich halt‘ es für schwer, einer Geliebten einen Pfefferkuchen zu schenken, weil man ihn oft kurz vor der Schenkung selber verzehrt." schreib Jean Paul im Schulmeisterlein Wutz Ebenso ist es mit den Preziosen unter den Büchern. Man nimmt sich vor sie der geneigten Leserschaft vorzustellen, allein es geht einem wie Jean Paul - man schaut hier, man schaut da, knappert ein wenig, probiert, kostet, verschlingt und die Zeit vergeht und die Besprechung ist immer noch nicht geschrieben. Freut euch auf etwas Schönes: Die Besprechung von : „Die neunundsechzig Stationen des Kisokaido“ von Keisai Eisen und Utagawa Hiroshige ein Meisterwerk der japanischen Holzschnittkunst erschienen als Reprint im Taschen Verlag. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Raku Geschrieben 14. Februar 2018 Teilen Geschrieben 14. Februar 2018 Das klingt verheissungsvoll. Ein Hohelied auf den edlen Computerspender, ohne den dies wohl nicht möglich wäre. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Tobias82 Geschrieben 14. Februar 2018 Teilen Geschrieben 14. Februar 2018 vor einer Stunde schrieb Paul: man schaut hier, man schaut da, knappert ein wenig, probiert, kostet, verschlingt "knappert" gefällt mir gut... Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 14. Februar 2018 Teilen Geschrieben 14. Februar 2018 vor 3 Stunden schrieb Paul: Freut euch auf etwas Schönes: Die Besprechung von : „Die neunundsechzig Stationen des Kisokaido“ von Keisai Eisen und Utagawa Hiroshige ein Meisterwerk der japanischen Holzschnittkunst erschienen als Reprint im Taschen Verlag. Hmm, also mal wieder ein ganz typisches Paul Thema, aber heute, wo ich andernorts dich aus transsubstantiationellen Gründen schon mit einem Kuss bedroht habe, sei dir sogar das verziehen. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 15. Februar 2018 Autor Teilen Geschrieben 15. Februar 2018 vor 12 Stunden schrieb Raku: Ein Hohelied auf den edlen Computerspender, ohne den dies wohl nicht möglich wäre. Das kannst Du laut sagen! Zitieren Link zu diesem Kommentar
KlausO Geschrieben 15. Februar 2018 Teilen Geschrieben 15. Februar 2018 @Paul Michi, Ann und Raku reagierten darauf 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 15. Februar 2018 Autor Teilen Geschrieben 15. Februar 2018 Reisen kann man auf sehr verschiedene Arten. Alleine mit Rucksack, als Studienreise mit Studienräten, Busreisen, per pedes, mit dem Flugzeug, Auto, Boot, früher "trampte" man (gibt es das eigentlich noch?) .... Meine bevorzugte Art zu reisen, ist mit Büchern. Eine neue Lebensreise kann ich ab jetzt auf dem Kisokaido machen, denn dankenswerter Weise hat der Taschen Verlag einen traumhaft schönen Band im "XXL" Format herausgebracht: Hiroshige & Eisen: Die neunundsechzig Stationen des Kisokaido, zum Preis von 100 € (und davon ist jeder Cent gut angelegtes Geld !). Mit was fängt man an? Ein wenig Geschichte? Während der Togugawa Zeit oder Edo Periode, die von 1603 bis 1868 dauerte (der längsten Friedensperiode in der japanischen Geschichte) war Japan nach außen abgeschlossen und hatte zwei Hauptstädte: Edo und Kyoto. Zwischen diesen gab es aus verschiedenen Gründen einen regen Reiseverkehr. Eine Strecke führte an der Küste entlang und hieß Tokaido, der Kisokaido führte ca. 500 km durch das Landesinnere. Wagen waren verboten auf diesen Wegen, man reiste also zu Fuß, in der Sänfte oder zu Pferd. Und wer alles reiste! Fürsten und ihr Gefolge mit großem Pomp, Geschäftsleute, Mönche, Nonnen, Pilger, Musikanten, Schausteller, Nutten, Verbrecher, Urlauber, Wallfahrer, Neugierige, Heimatlose. Ein unvorstellbares Gewimmel. Hin und her, drunter und drüber; aber alles überwacht, geplant und organisiert von der Regierung. Luxusherbergen für die Fürsten, Absteigen für die Bettler, Unterkünfte für jede denkbare Art von Gast. Jeder Ort hatte Spezialitäten, die man probieren mußte, Andenken die man mitbringen mußte, Medizin die man kaufen mußte, Aussichten, die man betrachten mußte, Sängerinnen die man gehört haben mußte, Tänzerinnen die man gesehen haben mußte usw. usw. Das konnte man nur schaffen wenn man einen Reiseführer hatte, mit Bildern und Auflistungen von Unterkünften, Abkürzungen, Informationen halt, wie sie der heutige Reisende immer noch braucht (schweig oh Seele über den Verfall der heutigen Zeiten, wo so etwas alles auf dem Smartphone ist) und da sind wir beim japanischen Farbholzschnitt bei Hiroshige, Eisen und Hokusai den drei Göttern des Ukiyo-e . Ukiyo-e bedeutet "Bilder der fließenden Welt" und ist ein grober Sammelbegriff für den japanischen Farbholzschnitt der Edo - Zeit. Na auf jeden Fall haben wir eine Menge Farbholzschnitte die uns das Leben auf den großen Wanderwegen dieser Zeit zeigen: Landschaftsbilder, Aussichten, sich prügelnde Blinde und Bettler, Teetrinkende Reisende denen ein gebücktes Mütterchen am Wegesrand heißes Wasser ausschenkt, durchgehende Pferde, Träger mitten im Fluß, die Reisende auf ihrer Schulter (meist) trocken ans andere Ufer bringen, Nutten die sich um Kunden prügeln, Wasserfälle, Bergstraßen, Reisfelder und immer wieder wunderschöne junge Frauen, die einsam in die Nacht schauen in der sanft der Schnee auf die Dächer fällt. Bilder zum blöd werden schön, und wenn man sie einmal gesehen hat, eingegraben für ewig in unser Hirn bis zu einem hoffentlich noch fernen Tage da der gnädige Tod uns bei der Hand nimmt und uns führt auf dem Kisokaido von Edo nach Kyoto; und wenn wir ein gutes Leben geführt haben, dürfen wir vielleicht auf dem Tokaido zurückgehen - und die Bilder werden lebendig sein und wir werden am Straßenrand sitzen und Tee trinken oder auf einer Brücke stehen den Wind im Rücken und das Paradies vor uns sehen. So wird es sein! Zu danken ist dem Taschen Verlag, der uns mit dieser Veröffentlichung einen Zipfel des Paradieses schon jetzt in die Hand gibt: https://www.taschen.com/pages/de/catalogue/art/all/01159/facts.hiroshige_eisen_die_neunundsechzig_stationen_des_kisokaido.htm Raku, theroots, Ann und 1 Weiterer reagierten darauf 4 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 19. Februar 2018 Autor Teilen Geschrieben 19. Februar 2018 Das Buch als solches sollte man auch mal zeigen, was hiermit geschieht: Beeindruckende 44 cm x 31 cm ! Raku und Ann reagierten darauf 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
SoGen Geschrieben 1. März 2018 Teilen Geschrieben 1. März 2018 Bai Juyi (白居易) Späte Heimkehr auf der Straße von Pingquan an einem Wintertag Wie beschwerlich, auf dem Bergpfad zu reisen. Schon steht die Sonne tief. Im vernebelten Dorf ein eisiger Baum Dient einer Krähe zum Sitz. Vor Einbruch der Nacht komm ich nicht an, Doch kümmert mich dies nicht . Drei heisse Tassen Tee getrunken Und ich bin zu Haus. Zitieren Link zu diesem Kommentar
SoGen Geschrieben 10. März 2018 Teilen Geschrieben 10. März 2018 Zur Zeit der Tang-Dynastie lebte im 'Klausengebirge' Lu Shan ein merkwürdiger Mann. Sein Name war Lu Tong; er wurde im Jahr 798 geboren. Obwohl er das zurückgezogene Leben eines taoistischen Einsiedlers führte, so wurde er doch weithin als Dichter und vor allem als Teemeister geschätzt und bewundert, worauf schon sein Literatenname 'Jadequelle' hinweist: 'flüssige Jade' ist ein poetischer Ausdruck für Tee. Er übte sich im Wu-Wei, in absichtsloser, spontaner Aktivität - und diese Aktivität war vor allem das Rezitieren von Gedichten und die Zubereitung von Tee. Er war dem Tee so sehr zugetan, dass manche seiner Zeitgenossen ihn für verrückt hielten. Eine Zeile eines seiner Gedichte, die ihn wohl am besten charakterisiert, lautet: Mich kümmert nicht Unsterblichkeit - nur der Geschmack von Tee. Etwa hundert Gedichte sind von ihm überliefert – darunter das berühmteste Tee-Gedicht überhaupt; der immer wieder zitierte 'Gesang von den sieben Schalen Tee'. Er gehört zu einem längeren Gedicht, das den etwas umständlichen Titel trägt: 'Dankschreiben an Zensor Meng für eine Sendung frisch gepflückten Tee'. Der Zensor Meng, dem das Gedicht gewidmet ist, war wohl ein Nachkomme des konfuzianischen Philosophen Meng Zi (Mencius) und hatte als solcher (wie auch die Nachkommen des Kung Zi / Konfuzius) ein Erbamt am kaiserlichen Hof inne – er durfte und sollte den Lebenswandel des Kaisers begutachten und - wenn notwendig - kritisieren. Kein ganz ungefährliches Amt … So ist auch der augenzwinkernde Humor des letzten Verses zu verstehen, wo der Taoist Lu Tong den so überaus wichtigen konfuzianischen Hofbeamten mit leiser Ironie bedenkt. Dankschreiben an Zensor Meng für eine Sendung frisch gepflückten Tees hoch stand die sonne schon am himmel, als tief ich noch im schlafe lag - da reisst mit schlägen an das tor ein offizier mich aus den träumen. er sagt, der zensor sende mir ein schreiben – zur beglaubigung baumeln drei siegel an der hülle aus schwerer, steifer, weisser seide. das siegel geöffnet - und schon seh ich des zensors gesicht vor mir. er schickt dreihundert päckchen tee - handverlesen, wie monde geformt - zum verkosten, denn im neuen jahr schreckten schritte auf einem bergpfad die mücken aus dem winterschlaf erwachend mit dem frühlingswind. der kaiser selbst, er muss noch warten auf den geschmack des yang-xian-tees und etliche kräuter wagen noch nicht, schon die blüten zu öffnen. in freundlicher brise reifen in keim und knospe verborgen wie perlen, noch ehe der frühling sie austreibt, die goldgelben sprossen. frisch gepflückt, am feuer getrocknet, noch duftend gerollt und verpackt, ward ihre essenz aufs beste, wahrlich unübertrefflich bewahrt. eine zu große ehre ist dies für mich, die kaiser und fürsten nur gebührt; wie kam dies geschenk zur hütte des mannes der berge? ------------------------------------ das tor aus reisig schließe ich, so dass kein ungeschliffner gast mir nahekommen möge; die seidenkappe setz ich auf, für mich in meiner weidenhütte ihn aufzugiessen und zu trinken. da steigen jadewolken auf, doch ohne dass ihr hauch das treiben weisser blüten störte deren leuchten sich verdichtet auf der schale spiegel. ---------------------------------- die erste schale tee, sie netzt mir kehle und lippen, die zweite zerbricht meine melancholie. die dritte schale aber sickert mir tief ins gemüt, das verdorrt von den worten tausender bücher war. die vierte schale tee ruft leichtes schwitzen hervor, befriedet allen kummer des lebens und treibt ihn zu den poren hinaus. die fünfte schale tee, sie klärt und reinigt mich durch und durch. die sechste schale macht meinen geist den unsterblichen zum genossen - die siebte zu trinken vermag ich nicht. und doch erwachen mir flügel, sie tragen mich geläutert im wind des lebens. ---------------------------------------- wie verweilt man in jenen bergen, wo die unsterblichen wohnen? jadequell reitet diesen reinen wind, heimkehr ersehnend nimmt er abschied, zu jenen bergen, in deren mitte unsterbliche die niedere erde regieren; zum reinen, erhabenen thron der welt jenseits von wind und regen. wo friedvolles verstehen ist der zahllosen schicksale rastlosen lebens - das in stetem verfall, wie ein sturz in den abgrund sein bitteres los empfängt. gelegentlich werd ich den zensor befragen über dieses geschäftige leben: ob es nicht erfüllung kennt, sammlung, erlangen, erneuerung, ruhe. Im Jahr 835 kam Lu Tong auf Einladung des Zensors Meng an den Hof des Kaisers Li Ang (Tang Wen Zong, 826-840). Ob er Gelegenheit fand, den Zensor über das "geschäftige Leben" zu befragen, weiss man nicht. Jedenfalls aber erfuhr er nun selbst eines jener "zahllosen Schicksale rastlosen Lebens, das in stetem Verfall, wie ein Sturz in den Abgrund, sein bitteres Los empfängt". Lu Tong geriet in die Wirren des "Tau-Zwischenfalls". Der Kaiser und einige seiner Vertrauten wollten die Herrschaft der Palasteunuchen brechen, die längst die eigentlichen Machthaber geworden waren und schon Li Angs Vorgänger ermordet hatten. Es wurde das Gerücht gestreut, ein Granatapfelbaum im Palast sei mit Tau bedeckt - und dort wurde ein Hinterhalt gelegt. Die Eunuchen wurden eingeladen, das günstige Omen des betauten Baumes in Augenschein zu nehmen; jedoch wurde der Anschlag vorzeitig entdeckt und der Kaiser als Geisel genommen. Er wurde bis zu seinem Tod unter Hausarrest gestellt und etwa zweitausend tatsächliche und angebliche Verschwörer wurden geköpft – darunter auch Lu Tong, dem sein hochrangiger Freund und Gönner nun zum Verhängnis wurde. Wenn ich die letzten Verse - den vierten Abschnitt - dieses Gedichtes lese, kommt mir unweigerlich ein anderes Gedicht in den Sinn - eine Resonanz, ein ergänzendes Gegenstück aus anderem Blickwinkel, durch ein Jahrtausend und eine halbe Welt getrennt: 'Hyperions Schicksalslied' von dem unglücklichen Friedrich Hölderlin: Ihr wandelt droben im Licht Auf weichem Boden, selige Genien! Glänzende Götterlüfte Rühren euch leicht, Wie die Finger der Künstlerin Heilige Saiten. Schicksallos, wie der schlafende Säugling, atmen die Himmlischen; Keusch bewahrt In bescheidener Knospe, Blühet ewig Ihnen der Geist, Und die seligen Augen Blicken in stiller Ewiger Klarheit. Doch uns ist gegeben, Auf keiner Stätte zu ruhn, Es schwinden, es fallen Die leidenden Menschen Blindlings von einer Stunde zur andern, Wie Wasser von Klippe Zu Klippe geworfen, Jahr lang ins Ungewisse hinab. _()_ Paul reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 15. März 2018 Autor Teilen Geschrieben 15. März 2018 Nach der liebevollen Vorstellung Lu Tongs, @SoGen sei dafür ausdrücklich gedankt, noch zwei Perlen, die man im Bücherschrank - besser neben dem Teetisch haben sollte: Zen Gedichte von Ryokan https://www.kristkeitz.de/welcome.htm?/t/756.htm DU FU GEDICHTE, DIETERICH'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG Keine Besprechung der beiden Bände - Kaufen! Lesen! nemo reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
nemo Geschrieben 16. März 2018 Teilen Geschrieben 16. März 2018 Meinen herzlichen Dank, @Paul, an dieser Stelle für Deine regelmäßigen Literaturtips! Deiner Aufforderung werde ich wohl umgehend Folge leisten Die von Dir vor einiger Zeit empfohlene Reclam-Ausgabe des Shijing hat mir große Freude bereitet und bei Deinen neuesten Empfehlungen halte ich das ebenfalls für sehr wahrscheinlich Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 16. März 2018 Autor Teilen Geschrieben 16. März 2018 Danke für die Blumen @nemo, der Ryokan kostet nur 7,80 € und gehört zu den 10 Büchern die ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Das Shijing liegt neben meinem Teetisch, an dem man ja meistens alleine sitzt und wenn es mir danach ist singe ich daraus einzelne Lieder nach. z. B. : Zerbrochene Äxte Schon brach meine Streitaxt und splitterte mein Schlagbeil. Herzog von Zhou zog gen Osten, die vier Länder der Fonde wurden auf den rechten Weg gebracht. Er fühlte mit meinen Leuten, er - ein sehr Starker. Herrlich sind die großen Rituallieder oder die Hymnen der Zhou, aber dafür braucht es schon einen ordentlichen Tee, der etwas länger durchhält. GoldenTurtle reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
nemo Geschrieben 25. März 2018 Teilen Geschrieben 25. März 2018 Dank, wem Dank gebührt. Der Ryokan war jedenfalls erneut ein lohnenswerter Tip für mich Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 25. März 2018 Autor Teilen Geschrieben 25. März 2018 Bratwürste! Bratwürste? Bratwürste, ist das was Lieschen Müller/Otto Normalverbraucher (die Genderbeauftragte liest mit) als erstes zu Nürnberg einfällt und wir sind auch nicht viel besser wenn es um Japan geht. Ein paar alte verstaubte Teestandards, ein wenig vom letzten Samurai - natürlich in der ergreifenden Hollywoodfassung, Basho,Ryokan und einige Kurosawa Filme das war es dann auch schon. Dem Einhalt zu gebieten und Veränderung in Gang zu setzen ist der von mir hochverehrte Manesse Verlag angetreten mit einer an 19. März d. J. erschienenen Ausgabe der modernen Tankas von Wakayama Bokusui: IN DER FERNE DER FUJI WOLKENLOS HEITER. Haiku meint jeder Gebildete zu kennen; was anderes ist es aber mit dem Ursprung des Haiku dem Tanka, der ältesten Gedichtform Japans. Diese 31 Silben in 5 Zeilen findet man zwar oft in Gedichtsammlungen. Hier aber nun liegen über 250 Tankas von Wakayama Bokusui ( 1885 - 1928 ) erstmals in deutscher Sprache vor; und die sind was Besonderes! Bokusui (Tanka Dichter werden mit dem Vornamen genannt) verkörpert mit seinen Gedichten das Moderne Ich nach der Neuordnung der Meiji-Restauration. Weg von den Zwängen der feudalistischen Gesellschaftsordnung sieht sich das Individuum in eine vollkommen neue Welt geworfen, strampelnd und prustend gegen den Untergang ankämpfend und unsterblich in dem Wissen um die Einzigartigkeit seiner Erfahrungs- und Gefühlswelt. Ein Beispiel?: Im Dunkeln ist es nun kühler - noch kühler der Sand Ich lege mich nieder am Strand lausche den schwarzen Fluten Sommer 1906/07 ! Wakayama Bokusui, IN DER FERNE DER FUJI WOLKENLOS HEITER, moderne Tanka, aus dem Japanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Eduard Klopfenstein, 144 Seiten, gebunden 16 €, Manesse Verlag Eine uneingeschränkte Lese- und Kaufempfehlung - mit einer kleinen Zähre: Bokusui war ein größerer Sake als Tee Trinker. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 2. April 2018 Autor Teilen Geschrieben 2. April 2018 Damit man nicht des rückwärtsgewandten Ästhetizismus zeiht: Dennis Gastmann, Der vorletzte Samurai, Ein Japanisches Abenteuer, rowohlt Berlin, 19,95 € Dennis Gastmann, geboren 1978, Reporter für die Auslandsmagazine der ARD hat geheiratet. Natsumi, Samuraitochter (mütterlicherseits) und eine hafu (eine halbe Japanerin und gut verdienende Bankerin). Er fährt mit ihr nach Japan, Hochzeitsreise und Verwandtenbesuch. Das ist schon interessant, wie ein weltgewandter 40-jähriger Japan heute sieht. Lang ist es her, da war der Werbespruch eines großen deutschen Reiseführers: Man sieht nur, was man weiß. Geklaut; aber gut geklaut - nämlich von Goethe - und wahr. Deshalb schreiben alle Autoren, angefangen mit Engelbert Kaempfer (1651-1716) über das unbekannte Land er aufgehenden Sonne über: und auch Dennis Gastmann macht sich auf in "ein Land, das noch immer unvergleichlich fremd und geheimnisvoll wirkt." Also schreibt es über Roboterrestaurants, die Sauberkeit und Pünktlichkeit der Züge, das Neongewitter der Großstädte, die hochtechnisierten Toiletten (warum schreiben alle über diese Toiletten? wir scheißen doch in Mitteleuropa auch nicht mehr auf den Misthaufen im Hof), die 50 Millionen Touristen die Kyoto jährlich heimsuchen ( das Fremdenverkehrsamt von Kyoto gibt die Zahl von 56 Millionen Übernachtungen an - aber wer wird den so pingelig sein?) , über die Alkoholexzesse der überarbeiteten Angestellten und was es noch so alles an Versatzstücken in der Verwunderungskiste des Mitteleuropäers steckt. Interessant wird es da, wo er über die Familientreffen schreibt, da ist Fleisch, da ist eigenes Erleben und das Staunen der "Langnase" über sein Getrenntsein von dieser Welt. Fazit: Literatur ist es nicht, allemal nett und unterhaltsam zu lesen und mir hat es eine Menge Geld und Zeit gespart, denn ich weiß nun warum ich nicht nach Japan fahre und meinen Tee bei den Leuten kaufe, die die Mühe einer solchen Reise auf sich nehmen. P.S. Etwas Erstklassiges steht auf Seite 9 und soll hier zitiert werden: Komm, lass uns gehen Schnee schauen, Sake trinken Taumeln wie Flocken Matsuo Basho (1644 - 1694) Anima_Templi reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 20. Mai 2018 Autor Teilen Geschrieben 20. Mai 2018 Am 13.4.2014 um 16:39 schrieb Paul: Tee und Glück. Wer des Lesens mächtig ist und nicht gleich zusammenbricht und ein Buch haben will - in welchem ein Satz aus mehreren ineinandergeschachtelten Nebensätzen besteht, die sich aufeinanderbeziehen, Zusammenhänge erklären, Wissen vermitteln ohne doctrinär zu sein, dem eigenen Denken Vorschub leisten durch neue Sichtweisen und Bezüge - das zu besitzen erstrebenswert ist, aber nur für den, dem es Spaß macht hinter die Bretter zu schauen, die die meisten Menschen vor dem Kopf haben und der sich nicht fürchtet vermeindlich für immer feststehende Meinungen wackeln zu sehen, sich am Zusammenstürzen solcher Denkgebäude erfreut, ohne dabei von Sorgen über die eigenen Fundamente des Denkens gepeinigt zu werden, dem Ganzen den Spaß abgewinnt, den Denken mit Wissen verbunden bietet, der sollte und muß sich falls er sich zufälliger Weise auch noch für China interessiert folgendes Buch kaufen: Wolfgang Bauer: China und die Hoffnung auf Glück, dtv (schlechter Druck, aber anders nicht zu bekommen) Und manchmal hat man Glück und kann sich selber zitieren, und dann hat man nochmal Glück und C. H. Beck bringt ein Buch auf den Markt für wohlfeile 14, 95 €: Wolfgang Bauer, Geschichte der chinesischen Philosophie Konfuzianismus, Daoismus, Buddhismus Herausgegeben von Hans van Ess C.H.Beck München 2018 Anständiger Druck, lesbar - wunderbar! Wer die Nase voll hat von den ganzen "nachmittags mit Freundinnen im Garten Yoga Buddhisten" (bei denen es fast immer schlechten Tee gibt - zur Ehrenrettung sei darauf hingewiesen, daß die Parfüms meist erblich besser sind) und mal das ein oder andere genauer wissen will, soll sich dieses Buch kaufen und nicht nur kaufen sondern auch lesen! Fundiert, wissenschaftlich ohne dröge zu sein und was am hübschesten ist, daß der erhobene Zeigefinger der Besserwisserei fehlt.. Ein Beispiel?: ... daß sich die frühesten Philosophen in der bunten Schar von Männern finden, die die verschiedenen kleinen und großen Fürstenhöfe seit der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends bevölkerten, und eben nicht nur aus Philosophen, sondern ebenso auch aus Künstlern und nicht zuletzt auch aus Taschenspielern, Gauklern, Haudegen und allem möglichen Gelichter bestanden." Fazit: Ein Mann, der Worte benutzt wie Haudegen und Gelichter muß man lesen. AnTuras, SoGen und nemo reagierten darauf 1 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
SoGen Geschrieben 20. Mai 2018 Teilen Geschrieben 20. Mai 2018 Danke für diesen Tip. Das ist sicher eine schöne Ergänzung zu diesem Handbuch, zu dem ich öfter mal greife: P. Eugen Feifel S.V.D. Geschichte der chinesischen Literatur mit Berücksichtigung ihres geistesgeschichtlichen Hintergrundes dargestellt nach Nagasawa Kikuya: Shina Gakujutsu Bungeishi zweite, neubearbeitete und erweiterte Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1959 Wird derzeit u.a. antiquarisch bei Amazon für 0,77 € (plus 3 € Versand) angeboten. _()_ Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 11. Juni 2018 Teilen Geschrieben 11. Juni 2018 @Tobias82 Herzlichen Dank für deine "idiotische" Empfehlung vom 17. August 2016. Endlich hab ich sie, in Audioform. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Tobias82 Geschrieben 11. Juni 2018 Teilen Geschrieben 11. Juni 2018 @GoldenTurtle: kannst Du die Stelle mal zitieren, bzw. mal verlinken? Hört sich stark nach "Der Idiot" an?? Als Hörbuch? Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 16. September 2018 Autor Teilen Geschrieben 16. September 2018 Gedichte Gedichte Gedichte: 1.: Hölty-Preis dieses Jahr an Norbert Hummelt. Wer ist das? Nachschauen lohnt. Ein Gedicht? strandschrift was für verweise. welche signaturen hier sind die muscheln, hier ist was geritzt, hier was unleserlich mit einem stock geschrieben. hier hat ein wattwurm deutlich seine spuren. an diese bootswand wurde frisch gepisst. dies ist der rostige besagte schuh. hier ist ein zeichen das ich nicht begreife. hier sind die kiesel hier ist sand u. tang, anbei ein hund von dem ich gern erführe, wonach er scharrt, was er erblicken kann im windgebeutelten gekrümmten mann in dessen jacke die zitronenseife. ich habe windgewelltes gras gesehn dort zwischen steinen, moos vielleicht u. farn mein steifer gang, mein schauen mein ertapptes horchen: dort sitzt der vogel, dort im rhododendronbusch u. ruft u. widerruft seit wann, wie lange sein jeder ruf bemisst mir noch ein jahr ich habe mitgezählt u. mir wird bange 2.: Für @GoldenTurtle: Albin Zollinger, Stille des Wunders, Gedichte, Verlag Volk und Welt 1984 Ein Guter, der Albin! Ein Gedicht? Seele der Bauern Wenn das Korn in den Mond ragt, Weht die Seele zum schlummernden Munde heraus. Des Bauern Seele Geht im Ried. Da scheinen Lichter im Wasser herauf. Des Bauern Seele geht mit den Hexen, Dreht die Gehenkten, Gräbt die Toten aus, Fährt aus dem Feuerhorn. Des Bauern Seele Knarrt in den Mäulern der Frösche. 3.: Für @SoGen T`ao Ch'ien / Tao Yuanming fällt sicherlich unter Spezialwissen, aber daß ihn Olav H. Hauge "bedichtet" hat, dürfte Dir gefallen T'ao Ch'ien Kommt T'ao Ch'ien eines Tages auf Besuch, will ich ihm meine Kirsch- und Apfelbäume zeigen, am liebsten ist es mir, er kommt im Frühling, wenn sie in Blüte stehen. Danach werden wir bei einem Glas Zider im Schatten sitzen, vielleicht kann ich ihm ein Gedicht zeigen - falls ich eines finde, das ihm gefällt. Die Drachen, die über den Himmel schießen mit Gift und Rauch hinter sich, glitten stiller in seiner Zeit, und mehrere Vögel zwitscherten. Hier ist nichts, was er nicht versteht. Mehr denn je hat er Lust, sich in solch ein Gärtchen zurückzuziehen. Aber ich weiß nicht, ob er es mit gutem Gewissen tut. Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 29. September 2018 Teilen Geschrieben 29. September 2018 @Paul Mir gefällt das für SoGen zitierte Gedicht besser. Zitieren Link zu diesem Kommentar
SoGen Geschrieben 29. September 2018 Teilen Geschrieben 29. September 2018 vor einer Stunde schrieb GoldenTurtle: Mir gefällt das für SoGen zitierte Gedicht besser. Ich tausche aber nicht ... Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 25. November 2018 Autor Teilen Geschrieben 25. November 2018 (bearbeitet) Schade daß Roger Willemsen kein Pu-erh Trinker war! Es wäre ein Genuß gewesen seine Teebesprechungen zu lesen; allein er ist gestorben ohne dieses Feld zu beackern. Vielleicht sitzt er jetzt auf einer Wolke hört Coltrane und holt das versäumte mit einem Schälchen Sheng nach? Wer jetzt fragt: "Willemsen, wer war'n das?" soll aufhören zu lesen und mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, es ist ihm nicht mehr zu helfen! Posthum ist dankenswerter Weise beim S. Fischer Verlag: Roger Willemsen, herausgegeben von: Insa Wilke Musik! Über ein Lebensgefühl erschienen. Ein Buch das Texte von ihm über Jazz/Klassik enthält. Wer das Glück hatte ihn im Radio zu hören z. B. bei Willemsen legt auf im NDR, der hört beim lesen des Buchs seine Stimme und natürlich auch die besprochene Musik, falls man die nicht sowieso im Kopf hat. Wir TeeNerds werde belächelt von Außenstehenden und man hängt es nach Dutzenden von mitleidigen Blicken auch nicht mehr an die große Glocke, daß man hunderte von Kilometern fährt nur um mit einem ausgewiesenen Fachmann Wasser aus verschiedenen Tetsubins zu trinken - die Unterschiede schmeckt und sich darüber austauschen kann. Genau solche Nerds sind die Jazzer (nur halt mehr als wir) aber wir haben gemeinsame Schnittstellen. Das Buch fängt mit einer Meditation über Stille an, ein eleganter Einstieg ! Ein Zitat von Yehudi Menuhin führt Willemsen zu der Erkenntnis: "So betrachtet, führt Stille in eine Reglosigkeit der Bewegung, in ein Schweigen alles Sprechenden, in die berede Pause zwischen den Mitteilungen, in den Transitraum von Zuständen abseits von Aktionen: Man öffnet eine Schublade zur Hälfte, nimmt aber nichts heraus... Man verzögert sich und ist in diesem Augenblick bei sich, festgehalten von einem Zustand vor der Tat, gebrochen in der Nicht-Identität mit dem eigenen Handeln und doch eingefroren in der Immunität des Moments." Schöner kann man den kurze Moment des Innehaltens vor dem gießen des Wassers nicht beschreiben. Auf fast 500 Seiten führt er uns durch seine Welt der Musik und seine Art des Hörens, wenn man sich darauf einläßt wird man Schätze finden, die einem das eigene Leben bereichern. Roger Willensen war ein Großer! Der 7. Februar 2016, sein Todestag, war ein dunkler Tag - aber über diesen Tag hinaus leuchtet seine Liebe zur Musik und sein Spaß an der Fabulierkunst herüber; herüber in die Welt der Lebenden. Und das muß man erst mal schaffen! Deswegen meine unbedingte Empfehlung für Weihnachten: Kaufen, Kaufen, Kaufen! Zwei Stücke die auf seiner Beerdigung gespielt wurden: Bearbeitet 25. November 2018 von Paul doumer, xióngmāo, Raku und 3 Weitere reagierten darauf 3 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar
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