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Tee in der Literatur/Poesie


Empfohlene Beiträge

vor einer Stunde schrieb Manfred:

Und wo kommt in diesem Buch nun der Tee vor?

Nun - die Bezüge sind eher indirekt. Wer wollte leugnen, dass Friede und Ruhe unverzichtbare Voraussetzungen zum Genuss von Tee sind? Und wer wollte diesen Seufzer:

Zitat

leider ist der Bellona kaum das jetztlebende Europa breit genug zur Sturmtrommel, und sie häutet Weltteil nach Weltteil ab, um die Haut über die Regimentstrommel zu spannen

- nicht als passenden Kommentar zu diesen Zeiten nehmen, wo insbesondere Europa (nimmt man die Einflüsterungen der Medien denn ernst) zunehmend in einer kollektiven Psychose zu versinken scheint. Die Amis leiden da schon länger drunter, die haben auch noch keinen Weltkrieg verloren. Wer wollte da dies:

Zitat

und hälfe keine Friedenspredigt zum ewigen Frieden: so würd' ich sie gleichwohl halten; ist der Wille nicht zu bessern, so doch vielleicht das Urteil.

- nicht subskribieren?

Vorsorglich - ich finde es durchaus erfreulich, dass in den letzten Wochen das hysterische Kriegsgeschrei hier in unserer Teerunde so tapfer ignoriert wurde. Gerade, weil dieses Thema notwendig kontovers und damit geeignet ist, in dieser Runde Verstimmungen auszulösen. Darum: ja, man wünscht sich, diese nervige Trommelei wäre nicht lauter als die Professor Stephans, der damit wenigstens primär das eigene Trommelfell (und ansonsten nur die, die es hören wollen) behelligt. Aber: der Teeweg führt nicht in ein eskapistisches Wolkenkuckucksheim, sondern mitten in die Wirklichkeit, das Hier und Jetzt.

Auch diese Vertonung von Conrad Ferdinand Meyers 'Friede auf Erden' hat leider nichts direkt mit Tee zu tun - nur mit Frieden. Als a-capella-Stück, also ohne Instrumente 'bewaffnet', die die Intonation der Stimmen in ihrer komplexen Polyphonie vorgeben, galt 'Friede auf Erden' zunächst als unaufführbar, was Schönberg zwang, eine instrumentale Begleitung zu schreiben - ein ägerlicher Kompromiss. Bis Anton Webern in den zwanziger Jahren mit seinem Arbeiterchor 'Freie Typographia' mehrere mustergültige a-capella-Aufführungen des Stückes zustande brachte. Am Ende der vielen Proben sagte Webern dem Chor: "Unsere Aufgabe ist es, weiterzutragen, was absolut über allen Dingen stehen muss - das Geistige. Wenn alles zusammenbricht, werden wir hingehen und 'Friede auf Erden' von Schönberg singen."

Nun - wenn alles zusammenbricht, werde ich für meinen Teil Tee trinken. Das ist meine Art, 'Friede auf Erden' zu singen.

Zurück zur 'Badereise' - ein wirklich formidabler Einstieg in Jean Paul's Welt, meiner unfachmännischen Meinung nach literaturhistorisch gleichrangig mit Titus Petronius' Satyricon. Die Beziehung zum Tee ist hier freilich noch subtiler, sie findet sich eher beiläufig als es um die bekannte Knickerigkeit und Ungeselligkeit des famosen Doktors geht:

Zitat

Nur einmal - und dies aus halbem Scherz - gab er ein Goûter oder Dégoûter, indem er um 5 Uhr einer Gesellschaft seiner verstorbnen Frau seinen Tee einnötigte, der Kamillen-Tee war.

Ansonsten erzählt man von Dr. Katzenberger, dass er, wenn ihm in besserer Gesellschaft als Gast ein Tee angeboten wurde, er lautstark auf einem Bier stattdessen bestand. Also nicht wirklich ein 'Teemensch', der Doktor. Andererseits - wenn man seine Wertschätzung frisch im Keller gefangener Spinnen als Belag für eine Frühstückssemmel in Betracht zieht (schmeckt laut dem Doktor "wie Haselnüsse"), dann erscheint es zumindest mir nicht unwahrscheinlich, dass Dr. Katzenberger auch an Shou Geschmack gefunden hätte ...

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Ich glaube auch, daß es, je mehr die Zeiten zusammenbrechen, umso wichtiger ist, der Stille, der Kultur, des Tees usw. zu pflegen. Der eine Aspekt ist, daß es den Zeiten überhaupt nicht dient, wenn wir in die kollektive Hysterie einstimmen; vielmehr sollten wir uns durch oben angeführte Betätigung (oder auch Nicht-Betätigung) eine innere Burg bauen, die Resilienz aufbaut und Stabilität verleiht. Zum anderen darf Kriegsgeschrei und Zusammenbruch nie das letzte Wort haben: das letzte Wort gebührt (je nach individueller Ansicht) dem Tee, Mozart, Bach, Jean Paul, der Stille, Gott...

Meine Lieblingslektüre in diesem Zusammenhang ist der große, ernste und doch so heitere Roman "Missa Sine Nomine" von Ernst Wiechert.

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  • 2 Wochen später...

Lesen in diesen Zeiten?  Was bleibt sind Gedichte:

Rose Ausländer: Dorf in der Bukowina

Schwalbennest

unter dem Schindeldach

Flüge blau in August

 

Kieselgestrüpp

störrische Dornen im Strom

vornübergeneigte Weiden wo

der Kahn an der Kette seufzt

 

Flogen Flöße vorbei

kämmte Wellen ins Wasser

der Windkamm

kauernd zog der Angler

ein Zappeln herauf

 

Da waren dem Laub

willkommen die Sänger

Nachtigall du Morgenrotglück

später die Drossel im

Schattengespinst

unverdrossen das süße Trili

und du dunkler Kuckuck

immer dein Ruf

 

Abendruh auf

rohen Holzbänken Wortkarg

die Alten Ein Jüngerer zog

ukrainische Lieder

aus der Harmonika

 

Kaufen: https://www.google.com/search?q=Rose+Ausländer+Immer+zurück+zum+Pruth&ie=UTF-8&sa=Search&channel=fe&client=browser-ubuntu

LESEN

 

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  • 2 Monate später...

Jeder hat seine Lieblinge!

verdient oder unverdienter Maßen, vom Gefühl - oder vom Verstand her, aus Berechnung oder einfach so.

Eins meiner Museumslieblinge ist das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt ( ich besuche es seit mehr als 50 Jahren ), ein anderer Liebling von mir sind gut gemachte Bücher. Selten finden Lieblinge zueinander. Es gehört zur Eigenheit von Lieblingen, daß sie nicht gerne mit anderen zusammen sind. Deswegen ist es besonders bemerkenswert, wenn zwei zusammentreffen, zusammenpassen und sich ergänzen.

Der Begleitband zur Ausstellung: Kunsthandwerk ist Kaktus ist solch ein seltener Fall. Den Damen und Herren von  arnoldsche Art Publishers, Stuttgart ist etwas sehr seltenes gelungen: Den Duft eines Museums einzufangen und zwischen Buchdeckel zu drucken, so daß man beim Öffnen, beim Lesen und Schauen im Museum ist - und ich weiß wovon ich rede ( siehe oben: Gast seid 50 Jahren ).

Das Buch ist einfach toll gemacht! Klasse Bilder, 1:1 Abbildungen !!, die Sammlung seit 1945 mit folgender genauer Beschreibung der Stücke und Essays ausgewiesener Fachleute. Und witzig sind die teilweise; allein der Versuch den Ausstellungstitel zu erklären von Matthias Wagner K. Soviel gab es in meinem Studiengang nicht zu lachen. Deswegen: Augen auf bei der Berufswahl 🙂

Wenn man wie ich selbst sein ganzes Leben als Kontrebandist zwischen Kunst und Handwerk unterwegs ist, weiß man die Versuche zu schätzen Licht in das dunkle Grenzgebiet zu bringen. Und wenn sie dann noch so profund vorgetragen werden, die Versuche. Herrlich!

Der Band/Museum ist eine Fundgrube für Teetrinker. Selbstverständlich ist die Werkstatt Margaretenhöhe vertreten. Allein das Essay von Nora von Achenbach: Der transzendente Topf. Ostasien und die westliche Keramik ist den Kaufpreis wert.

Also meine unbedingte Kaufempfehlung: für 48 € bekommt man wirklich einen reellen Gegenwert.

Oder wenigstens ins Museum gehen, Eintritt 12 € jeden letzten Samstag im Monat ist der Eintritt frei.

Kunsthandwerk ist Kaktus

Begleitband der Ausstellung: Museum Angewandte Kunst Frankturt, Die Sammlung von 1945 bis heute 6.11.2021–27.3.2022 ; 588 Seiten23 x 31 cm, über 2.000 Abb., Hardcover,Deutsch, 48,00 € inkl. MwSt., arnoldsche Art Publishers, Stuttgart

https://arnoldsche.com/produkt/kaktus/?mc_cid=a13dc40481&mc_eid=b936a5e7d5

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@Paul Ob der Schreibfehler auf der Verlags-Website wohl Absicht ist?

Zitat

Ausstellung: Museum Angewandte Kunst Frankturt

Scheinbar will der Verlag potentielle Museumsbesucher in die Irre führen, so dass sie dieses in einer nichtexistenten Stadt suchen und irgendwann verzweifelt die Suche aufgeben und sich stattdessen halt doch den Wälzer kaufen.

PS: Hier gibts übrigens die doch sehenswerte Online-Buchvorschau.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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  • 6 Monate später...

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