SoGen Geschrieben 26. März 2022 Teilen Geschrieben 26. März 2022 vor einer Stunde schrieb Manfred: Und wo kommt in diesem Buch nun der Tee vor? Nun - die Bezüge sind eher indirekt. Wer wollte leugnen, dass Friede und Ruhe unverzichtbare Voraussetzungen zum Genuss von Tee sind? Und wer wollte diesen Seufzer: Zitat leider ist der Bellona kaum das jetztlebende Europa breit genug zur Sturmtrommel, und sie häutet Weltteil nach Weltteil ab, um die Haut über die Regimentstrommel zu spannen - nicht als passenden Kommentar zu diesen Zeiten nehmen, wo insbesondere Europa (nimmt man die Einflüsterungen der Medien denn ernst) zunehmend in einer kollektiven Psychose zu versinken scheint. Die Amis leiden da schon länger drunter, die haben auch noch keinen Weltkrieg verloren. Wer wollte da dies: Zitat und hälfe keine Friedenspredigt zum ewigen Frieden: so würd' ich sie gleichwohl halten; ist der Wille nicht zu bessern, so doch vielleicht das Urteil. - nicht subskribieren? Vorsorglich - ich finde es durchaus erfreulich, dass in den letzten Wochen das hysterische Kriegsgeschrei hier in unserer Teerunde so tapfer ignoriert wurde. Gerade, weil dieses Thema notwendig kontovers und damit geeignet ist, in dieser Runde Verstimmungen auszulösen. Darum: ja, man wünscht sich, diese nervige Trommelei wäre nicht lauter als die Professor Stephans, der damit wenigstens primär das eigene Trommelfell (und ansonsten nur die, die es hören wollen) behelligt. Aber: der Teeweg führt nicht in ein eskapistisches Wolkenkuckucksheim, sondern mitten in die Wirklichkeit, das Hier und Jetzt. Auch diese Vertonung von Conrad Ferdinand Meyers 'Friede auf Erden' hat leider nichts direkt mit Tee zu tun - nur mit Frieden. Als a-capella-Stück, also ohne Instrumente 'bewaffnet', die die Intonation der Stimmen in ihrer komplexen Polyphonie vorgeben, galt 'Friede auf Erden' zunächst als unaufführbar, was Schönberg zwang, eine instrumentale Begleitung zu schreiben - ein ägerlicher Kompromiss. Bis Anton Webern in den zwanziger Jahren mit seinem Arbeiterchor 'Freie Typographia' mehrere mustergültige a-capella-Aufführungen des Stückes zustande brachte. Am Ende der vielen Proben sagte Webern dem Chor: "Unsere Aufgabe ist es, weiterzutragen, was absolut über allen Dingen stehen muss - das Geistige. Wenn alles zusammenbricht, werden wir hingehen und 'Friede auf Erden' von Schönberg singen." Nun - wenn alles zusammenbricht, werde ich für meinen Teil Tee trinken. Das ist meine Art, 'Friede auf Erden' zu singen. Zurück zur 'Badereise' - ein wirklich formidabler Einstieg in Jean Paul's Welt, meiner unfachmännischen Meinung nach literaturhistorisch gleichrangig mit Titus Petronius' Satyricon. Die Beziehung zum Tee ist hier freilich noch subtiler, sie findet sich eher beiläufig als es um die bekannte Knickerigkeit und Ungeselligkeit des famosen Doktors geht: Zitat Nur einmal - und dies aus halbem Scherz - gab er ein Goûter oder Dégoûter, indem er um 5 Uhr einer Gesellschaft seiner verstorbnen Frau seinen Tee einnötigte, der Kamillen-Tee war. Ansonsten erzählt man von Dr. Katzenberger, dass er, wenn ihm in besserer Gesellschaft als Gast ein Tee angeboten wurde, er lautstark auf einem Bier stattdessen bestand. Also nicht wirklich ein 'Teemensch', der Doktor. Andererseits - wenn man seine Wertschätzung frisch im Keller gefangener Spinnen als Belag für eine Frühstückssemmel in Betracht zieht (schmeckt laut dem Doktor "wie Haselnüsse"), dann erscheint es zumindest mir nicht unwahrscheinlich, dass Dr. Katzenberger auch an Shou Geschmack gefunden hätte ... Benedicta, TeeStövchen und Paul reagierten darauf 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 26. März 2022 Autor Teilen Geschrieben 26. März 2022 "Nun - wenn alles zusammenbricht, werde ich für meinen Teil Tee trinken. Das ist meine Art, 'Friede auf Erden' zu singen. " Goldene Worte @SoGen sie werden Dir angerechnet werden am Tag des Gerichts! TeeStövchen und Benedicta reagierten darauf 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Benedicta Geschrieben 26. März 2022 Teilen Geschrieben 26. März 2022 Ich glaube auch, daß es, je mehr die Zeiten zusammenbrechen, umso wichtiger ist, der Stille, der Kultur, des Tees usw. zu pflegen. Der eine Aspekt ist, daß es den Zeiten überhaupt nicht dient, wenn wir in die kollektive Hysterie einstimmen; vielmehr sollten wir uns durch oben angeführte Betätigung (oder auch Nicht-Betätigung) eine innere Burg bauen, die Resilienz aufbaut und Stabilität verleiht. Zum anderen darf Kriegsgeschrei und Zusammenbruch nie das letzte Wort haben: das letzte Wort gebührt (je nach individueller Ansicht) dem Tee, Mozart, Bach, Jean Paul, der Stille, Gott... Meine Lieblingslektüre in diesem Zusammenhang ist der große, ernste und doch so heitere Roman "Missa Sine Nomine" von Ernst Wiechert. SoGen reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 7. April 2022 Autor Teilen Geschrieben 7. April 2022 Lesen in diesen Zeiten? Was bleibt sind Gedichte: Rose Ausländer: Dorf in der Bukowina Schwalbennest unter dem Schindeldach Flüge blau in August Kieselgestrüpp störrische Dornen im Strom vornübergeneigte Weiden wo der Kahn an der Kette seufzt Flogen Flöße vorbei kämmte Wellen ins Wasser der Windkamm kauernd zog der Angler ein Zappeln herauf Da waren dem Laub willkommen die Sänger Nachtigall du Morgenrotglück später die Drossel im Schattengespinst unverdrossen das süße Trili und du dunkler Kuckuck immer dein Ruf Abendruh auf rohen Holzbänken Wortkarg die Alten Ein Jüngerer zog ukrainische Lieder aus der Harmonika Kaufen: https://www.google.com/search?q=Rose+Ausländer+Immer+zurück+zum+Pruth&ie=UTF-8&sa=Search&channel=fe&client=browser-ubuntu LESEN SoGen reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 19. Juni 2022 Autor Teilen Geschrieben 19. Juni 2022 Jeder hat seine Lieblinge! verdient oder unverdienter Maßen, vom Gefühl - oder vom Verstand her, aus Berechnung oder einfach so. Eins meiner Museumslieblinge ist das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt ( ich besuche es seit mehr als 50 Jahren ), ein anderer Liebling von mir sind gut gemachte Bücher. Selten finden Lieblinge zueinander. Es gehört zur Eigenheit von Lieblingen, daß sie nicht gerne mit anderen zusammen sind. Deswegen ist es besonders bemerkenswert, wenn zwei zusammentreffen, zusammenpassen und sich ergänzen. Der Begleitband zur Ausstellung: Kunsthandwerk ist Kaktus ist solch ein seltener Fall. Den Damen und Herren von arnoldsche Art Publishers, Stuttgart ist etwas sehr seltenes gelungen: Den Duft eines Museums einzufangen und zwischen Buchdeckel zu drucken, so daß man beim Öffnen, beim Lesen und Schauen im Museum ist - und ich weiß wovon ich rede ( siehe oben: Gast seid 50 Jahren ). Das Buch ist einfach toll gemacht! Klasse Bilder, 1:1 Abbildungen !!, die Sammlung seit 1945 mit folgender genauer Beschreibung der Stücke und Essays ausgewiesener Fachleute. Und witzig sind die teilweise; allein der Versuch den Ausstellungstitel zu erklären von Matthias Wagner K. Soviel gab es in meinem Studiengang nicht zu lachen. Deswegen: Augen auf bei der Berufswahl 🙂 Wenn man wie ich selbst sein ganzes Leben als Kontrebandist zwischen Kunst und Handwerk unterwegs ist, weiß man die Versuche zu schätzen Licht in das dunkle Grenzgebiet zu bringen. Und wenn sie dann noch so profund vorgetragen werden, die Versuche. Herrlich! Der Band/Museum ist eine Fundgrube für Teetrinker. Selbstverständlich ist die Werkstatt Margaretenhöhe vertreten. Allein das Essay von Nora von Achenbach: Der transzendente Topf. Ostasien und die westliche Keramik ist den Kaufpreis wert. Also meine unbedingte Kaufempfehlung: für 48 € bekommt man wirklich einen reellen Gegenwert. Oder wenigstens ins Museum gehen, Eintritt 12 € jeden letzten Samstag im Monat ist der Eintritt frei. Kunsthandwerk ist Kaktus Begleitband der Ausstellung: Museum Angewandte Kunst Frankturt, Die Sammlung von 1945 bis heute 6.11.2021–27.3.2022 ; 588 Seiten23 x 31 cm, über 2.000 Abb., Hardcover,Deutsch, 48,00 € inkl. MwSt., arnoldsche Art Publishers, Stuttgart https://arnoldsche.com/produkt/kaktus/?mc_cid=a13dc40481&mc_eid=b936a5e7d5 Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 20. Juni 2022 Teilen Geschrieben 20. Juni 2022 (bearbeitet) @Paul Ob der Schreibfehler auf der Verlags-Website wohl Absicht ist? Zitat Ausstellung: Museum Angewandte Kunst Frankturt Scheinbar will der Verlag potentielle Museumsbesucher in die Irre führen, so dass sie dieses in einer nichtexistenten Stadt suchen und irgendwann verzweifelt die Suche aufgeben und sich stattdessen halt doch den Wälzer kaufen. PS: Hier gibts übrigens die doch sehenswerte Online-Buchvorschau. Bearbeitet 20. Juni 2022 von GoldenTurtle Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 20. Juni 2022 Teilen Geschrieben 20. Juni 2022 🤔 ... oder! Es ist ein Spoiler auf ihre nächste Veröffentlichung; ein Bildband über Torten aus Frankreich mit holländischem Kommentar. Zitieren Link zu diesem Kommentar
teewelt Geschrieben 20. Juni 2022 Teilen Geschrieben 20. Juni 2022 Am 19.6.2022 um 21:23 schrieb Paul: Frankturt @GoldenTurtle Die Umbenennung der Stadt in FrankTURT könnte sich auch auf den Namen eines verdienten Teetalk-Mitglieds beziehen. Allerdings scheint der neue Name der hessischen Metropole noch nicht offiziell bestätigt zu sein... GoldenTurtle reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 15. Januar 2023 Autor Teilen Geschrieben 15. Januar 2023 Nicht unbedingt Literatur, aber sicherlich für TaiwanTeeFans interessant: https://www.grin.com/document/590513 Zitieren Link zu diesem Kommentar
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