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Tee in der Literatur/Poesie


Empfohlene Beiträge

Brecht scheint leider keinen Funken Ahnung von Tee gehabt zu haben, vielleicht wären seine Bücher sonst etwas relaxter, wenn auch sicher nicht minder tiefgehend gewesen.

Bahne mir derzeit einen Weg durch seine Dramen; Dreigroschenoper, Mutter Courage, Der gute Mensch von Sezuan, Trommeln in der Nacht etc. Immerhin beim guten Menschen von Sezuan hätte es doch ein Teeladen sein können, aber nein, natürlich ein Tabakladen! Grump.gif

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  • 2 Monate später...

Edmund de Waal: Die weiße Straße, Auf den Spuren meiner Leidenschaft, 464 Seiten, Zsolnay, 26 €

Staßen, Straßen, Straßen.

Wo man hinschaut:  in der Literatur, in der Musik, auf Stadtplänen - Straßen; und nun noch eine neue Straße, eine Weiße. Und ich bin froh, daß das Buch im Original "The White Road" heißt und die Übersetzerin Brigitte Hilzensauer diesen Titel auch übernommen hat! Alles andere wäre unpassend gewesen; allein wir Literatur- und Westernliebhaber sind bei deutschen Titeln von englischen/amerikanischen Originalen Übles gewohnt. Decken wir darüber den Mantel des Schweigens, ein Seufzer dringt aus unserer Brust und nehmen wir Die Weiße Straße zur Hand:

Der Streber der Klasse tritt auf: "Das hat doch bestimmt was mit Tee zu tuen, Herr Lehrer?"

Nachdem Adalbert wieder Platz genommen hat zurück zum Buch und seinem Verfasser Edmund de Waal: 1964 in Nottingham geboren - Nein, Adalbert, ich weiß nicht wie gut Herr de Waal mit dem Bogen umgehen kann - Professor für Keramik, Töpfer und Künstler. Töpfer gibt es viele, töpfernde Künstler sehr wenige. Hier ist einer davon. Es hilft vor dem lesen des Buches seinen Namen einzugeben und sich seine Arbeiten anzusehen. Man versteht dann vieles im Buch leichter.

Das Buch handelt von seiner (und meiner) Liebe zu weißem Porzellan.

Nein, Adalbert, nicht von Tee. Soweit ich mich erinnere wird ihm nur einmal Tee angeboten aus "einem ganz kleinen Kännchen" und er hat natürlich keine Ahnung um was es da geht. Engländer halt!

Er ist Töpfer und macht weiße PorzellanGefäße/Objekte. Er hat früh damit angefangen und ist sehr erfolgreich damit. Also hat er das Geld um zu den Quellen seiner Passion zu reisen. Er beginnt, wen wundert es in Jingdezhen; und dieser Beginn ist Furios. Ich habe nun schon ein wenig über diesen Sehnsuchtsort der Porzellanliebhaber gelesen und war schon oft in Versuchung dort hin zu fahren. Aber wenn es mich wieder überkommt nehme ich Père d`Entrecolles, de Waal, einen Imperial Jin Jun Mei im Gaiwan und fange an zu träumen. Eigentlich könnte ich hier aufhören mit der Buchbesprechung, denn ein größeres Kompliment als seinen Verfasser zusammen mit dem großen "PorzellanJesuiten" zu nennen geht wohl kaum!

Aber de Waal reist weiter auf der Spur seiner weißen Berge nach Versailles und Dresden, vom deutschen Porzellan kommt er zur Erfindung des englischen Porzellans nach Plymouth, von dort nach Cornwall und nach Amerika. Die erste Runde hat ihn eine Menge "Körner" (so sagt man heute im modernen Sportjournalismus) gekostet, aber er boxt weiter auf hohem Niveau. Mit einer rechten Geraden trifft er mich voll als er zu Allach kommt. "Fliege wie ein Schmetterling stich wie eine Biene" (Muhammad Ali - ruhe sanft bis der Gong zur Endzeitrunde ertönt, wo wir alle uns im großen Ring treffen). Knock out! Schwärze. Ausgezählt.

Ich bin schon ein alter Knörz, weiß das ein oder andere, aber von Allach hatte ich in meiner langen Vergangenheit noch nichts gehört!

Mea culpa mea culpa.

Fazit: Unbedingt kaufen und lesen das Buch!!

Er schreibt über Porzellan - für mich das einzig mögliche Material aus dem ich Tee trinken möchte - , er schreibt über weißes Porzellan - mein erklärter Liebling sogar noch vor Kakiemon -, er schreibt über Swedenborg und über viele andere, deren Namen in Wasser geschrieben wurden.

Also ein Weihnachtsgeschenk für euch selber @theroots, oder für die Angetraute um ihr zu zeigen wie vernünftig man doch eigentlich noch ist, oder @Raku weil de Waal davon weiß, daß,  wenn man ein Ding hinstellt, sich der Raum darum verändert.

Oder @GoldenTurtleals ein Weihnachtsgeschenk für Madam X womit man mal richtig Eindruck schinden kann. Aber vorher selber lesen;).

P. S. Ein kleiner Wermutstropfen sei auch noch erwähnt: schmerzlich vermisste ich ein Schlagwort und ein Literaturregister. Da wurde an der falschen Stelle gespart. Aber immerhin gab's ein Lesebändchen.

 

Bearbeitet von Paul
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Danke Paul für diesen Hinweis, ich halte mal Ausschau!

Heute oder gestern beim 4. Teil "Der Atem" oder beim 5. Teil "Die Kälte" der biografischen Schriften von Thomas Bernhard war ich @tee-topic erstaunt - an dem Werk bin ich ja mit, aber nicht wegen dem Tee - aber siehe da, bei den Abschlussprüfungen als Lebensmittelverkäufer musste er in Salzburg, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 74 Teesorten korrekt zuweisen und hat dies fehlerfrei absolviert.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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  • 2 Wochen später...

Nun also zur Besprechung von Sei Shonagon und ihrem Kopfkissenbuch, erschienen bei Manesse, und jetzt wird es wichtig: übersetzt und neu herausgegeben von Michael Stein, mit Kommentierung (!), Personenverzeichnis (!), Glossar (!), Nachwort (!), und editorischer Notiz (!) - Herz was willst Du mehr?

Foliengeprägter Feinleineneinband mit zweifarbigem Schmucksatz und farbiger Fadenheftung und einem Lesebänchen - da bleibt nur noch: auf die Knie fallen  und Dankesbezeugungen die Masse in Richtung Zürich/München abstatten.

Mein Weihnachtsgeschenktip für dieses Jahr!! @GoldenTurtle schenk es Dir selbst, denn Für Frau X hast Du ja schon das Porzellanbuch;)@Tobias82 ein Geschenk für die Gattin? und für Dich (besser als all die düsteren Russen) @Anima_Templi das Kopfkissenbuch kommt fast an Deinen ShengAufguß in Neuisenburg heran, nach dem ich heimgeschwebt bin) @Soltrok ebenfalls für die Gattin oder als Umzugsgeschenk für Dich selber @Rakuein unbedingtes "must have" und für all die anderen: Für 59,90 € bekommt man höchstens einen Mittelklassesheng hier aber ein kleines Wunder!

Wem dies alles zu schwärmerisch erscheint, soll unbedingt weiterlesen, denn im Folgenden kommt noch mehr davon - und das Buch und der MannesseVerlag hätte  noch weit mehr dafür verdient, als es meinen alten Fingern möglich ist in die Tastatur zu tippen.

Ihr kennt das alle vom Tee. Ein ordentlicher Tee, den man schon des öfteren getrunken hat, der gut ist, den man gerade wieder aufgegossen hat, der erste Schluck, Verwunderung, der zweite Schluck, ja was ist denn das? und dann das reine  Wohlbefinden, diese leichte Schweben, dieses Lächeln und die Aufhebung von Zeit.

So ging es mir beim Lesen von Sei Shonagons Kopfkissenbuch in der Übersetzung von Michael Stein. Ich bin leider des Japanischen nicht mächtig, was ewig zu beklagen -, aber nun auch nicht mehr zu ändern ist. Diese vorliegende Übersetzung kommt jedenfalls sehr nahe an das Original heran, wie mir Fachleute versicherten. Das fand auch die Japan Foundation und überreichte ihren Übersetzerpreis am 7.11. 2016 in Köln an Michael Stein (1948 geboren,  Japanologiestudium, Universitätsdozent an der Musikfakultät der nationalen Hochschule der Künste Tokyo) sehr zu Recht wie ich meine!

Seit 1952 ist das Kopfkissenbuch bei Manesse zu haben. Ich habe die 10. Auflage von 1984. Wenn man ein wenig mitreden will über japanische Literatur, hat man es gelesen und sei es auch nur um etwas über die japanische "Erotik" zu erfahren. Diesen Zahn möchte ich der Hochverehrten Leserschaft gleich schmerzfrei ziehen: No sex! und wenn, dann nur in sehr sublimierter Form.

Man hat das Kopfkissenbuch gelesen wie das Genji monogatarie (das auch bei Manesse in einer wunderbaren zweibändigen Ausgabe erschienen ist, ein weiterer Grund sich nach Zürich zu verneigen) hat es gelesen um zu lernen und ein Fundament zu haben für die moderne japanische Literatur.

Ich habe es seit meiner Jugend mehrmals gelesen, aber ergriffen hat es mich nicht. Ergriffen hat es mich erst durch die Übersetzung von Michael Stein und in der Aufmachung der Neuausgabe von 2015.

In den bekannten Bänden der Manesse Bibliothek Der Weltliteratur fehlte ihm der Platz. Der Platz der ihm gebührt. In der Neuausgabe gibt man dem Text Raum!

Katja von Ruville ist nicht genug zu loben (wenn ich wüßte, daß sie einen guten Tee zu schätzen weiß, würde ich ihr einen aus meiner geheimsten Preziosenkiste schicken, die ich bisher nur zur Geburt meiner Enkeltöchter geöffnet habe, denn so gut ist ihre Arbeit!) für diese Buchausgabe. Für die Wahl der FF Seria von Martin Majoor und der Futur von Paul Renner für die Textblöcke, die dem Text die Luftigkeit und Leichtigkeit geben, die ihm gebührt, für den Zweifarbendruck,- allein das Einbandmotiv ist einen Kniefall wert - schweig still mein Herz, schweig still und streich mit der Hand darüber, schlage das Buch auf und trinke aus der Schale des Glücks.

Für mich ist dieses Buch das Schönste des Jahres 2016.

Das Schwärmen sei einem alten Mann erlaubt, der dazu wahrlich wenig Gelgenheit findet im Alltag der Bücher, der voll ist von lieblos gestalteten  Schund für die Tone, von schludrigen Übersetzungen, fehlenden Karten und Kommentaren, nicht zu reden von falschen Anmerkungen, schlafendenden oder garnicht existieren Lektoren, farbenblinden Einbandgestaltern .... ich könnte die Dornenkrone des bibliophilen Schmerzensmannes noch weitaus tiefer in mein Haupt drücken mit diesen Aufzählungen, aber hier ist nicht der Ort der Lamentationes sondern der Ort der Freude über dieses überaus gelungene Buch.

"Ja aber was steht denn nun drin?" höre ich die geschätzte Leserschaft verzweifelt aufstöhnen. Sei ruhig geliebte Gemeinde, fasse Dein Herz in Geduld.

Es war eine Hofdame am japanischen Kaiserhof, die bekam eines Tages ein "Bündel" paßt nicht "Packen" paßt noch weniger ? Papier von der Kaiserin geschenkt, das sie beschrieb mit Eindrücken aus ihrem Alltag. Manche nennen es ein "Notizbuch das Vertrauliches und Delikates aus den Privatgemächern des Kaiserpalastes" enthält - das ist natürlich dummes Zeug und soll  nur zum Kauf animieren, allein den BWL'ern die solche "Inhaltsangaben" verbrechen gehört eine Tracht Prügel.

Das Kopfkissenbuch von Sei Shonagon ist ein Gedicht, das eine Frau vor über tausend Jahren verfaßt hat, ein Gedicht über ihr Leben mit all seinen Höhen und Tiefen.

Und nun das Beste zum Schluß: Katja von Ruville,  Michael Stein und der Manesse Verlag haben es geschafft diese über tausend Jahre wegzuwischen. Man hört, sieht und spricht mit Sei Shonagon und es gibt keine Zeit mehr "und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen."

(Für die nicht ganz so Bibelfesten: Offenbarung 21,4 zitert nach der Lutherbibel von 1912)


 

 

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  • 4 Wochen später...
Timothy Brook: Wie China nach Europa kam, Die unerhörte Karte des Mr. Selden, Verlag Klaus Wagenbach, 24,90 €
 
Wer die ein oder andere Buchbesprechung von mir gelesen hat, kennt meine "Lamentationes" über fehlende Karten in Büchern. Hier nun habe ich das große Vergnügen ein Buch über eine Landkarte vorzustellen - und was für ein Buch!
 
Der Klaus Wagenbach Verlag hatte schon immer ein Näschen für das Besondere und hat mit diesem Buch verdient in die Abendgebete von KartographieLiebhabern aufgenommen zu werden.
 
Um was geht es?
 
Eine handgezeichnete Karte von China liegt 400 Jahre in einer Bibliothek in Oxford (Pu-erh Fachleuten fällt hierbei sofort http://half-dipper.blogspot.de/
ein; ob Hobbes was damit zu tuen hat? Auf jeden Fall ist es ein bemerkenswertes Faktum!). Timothy Brook, ein  Spezialist für die soziale und kulturelle Geschichte der Ming Dynastie beschäftigt sich mit ihr und schreibt darüber dieses Buch.
Es ist ja schon eine Binse, daß die anglo-amerikanischen Sachbuchautoren um Längen besser sind als die deutschen; warum das so ist sieht man wieder einmal hier.
Brook zeigt auf, warum es Streit zwischen China und Vietanam um die Paracel-Inseln gibt; wie das internationale Seerecht entstanden ist;  wer John Selden war;  wer Michael Shen/Shen Fuzong war und was das alles mit uns und unserer heutigen politischen Situation zu tuen hat. 
Er macht das außerordentlich spannend und unterhaltsam.
Wir Teetrinker reduzieren viel zu oft China nur auf Tee, aber da gibt es tatsächlich noch mehr - man glaubt es nicht.;)
 
Fazit: Für Karten - und Geschichtsliebhaber ein absolutes Muß!
Ein besonderes Lob dem Verlag Klaus Wagenbach für dieses liebevoll gemachte Buch, da bleiben keine Wünsche offen.
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  • 2 Wochen später...
Am 2.11.2016 um 15:17 schrieb Paul:

Edmund de Waal: Die weiße Straße, Auf den Spuren meiner Leidenschaft, 464 Seiten, Zsolnay, 26 €

Nein, Adalbert, nicht von Tee. Soweit ich mich erinnere wird ihm nur einmal Tee angeboten aus "einem ganz kleinen Kännchen" und er hat natürlich keine Ahnung um was es da geht. Engländer halt!

 

Teil 1 / sieben / 2

Auf Seite 82 schildert Edmund de Waal:

"Gelächter aus dem Büro, wo der Besitzer, ein schmächtiger Mann in den Sechzigern, sitzt und in einer komplizierten Zeremonie - Vorwärmen, Einschenken, Wegschütten und wieder Einschenken - roten Tee zubereitet. Hinter ihm sind Regale mit Büchern über Porzellan."

Es ist nicht nur unschuldig weiß und rosarot, was der Autor detailverliebt beschreibt. Hier nochmals herzlichen Dank für den Hinweis auf dieses wunderbare Buch @Paul

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  • 2 Wochen später...

Ian McEwan: Nußschale, Diogenes Verlag Zürich 2016,  22,00 €

Der beste Plot im Literaturjahr 2016 ist wohl in Ian McEwans  Buch: Nußschale zu finden; und dann auch noch einer, der bis zur letzten Zeile trägt!

"O Gott ich könnte in eine Nußschale eingesperrt sein und mich für einen König von unermeßlichem Gebiete halten, wenn nur meine bösen Träume nicht wären."  Hamlet.

Und da sind wir schon mitten drin im großen Weltgeschehen. Eine Mutter plant zusammen mit ihrem Liebhaber ihren Mann umzubringen. Nix Neues. Das Opfer, ein erfolgloser Dichter und Verlagsinhaber ahnt von allem nichts. Der sehr (!) männliche Teil des Mörderduos ist ein der Pleite entgegenschlitternder Immobiliemakler, ein Kotzbrocken sondersgleichen, und der Bruder des Opfers.

Der die ganze Geschichte erzählt ist der Fötus im Bauch der Mutter, ein paar Wochen vor seiner Geburt. Ich stelle ihn mir ein wenig vor wie den ungeborenen Oskar Matzerath,  der natürlich logisch denken kann, extrem gut hört, sein Wissen von Podcasts erhält, die seine Mutter Trudy hört wenn sie nicht schlafen kann. Er ist übrigens auch Weinliebhaber, weil seine Mutter natürlich mehr trinkt als ihr guttut.

Gut zu lesen ist es allemal und um einiges besser als das was man sonst als Kriminalroman angeboten bekommt.

Übrigens in ein sehr gut lesbares Deutsch gebracht von Bernhard Robben.

Was die Schilderungen des Beischlafs der beiden Mörder angeht und die daraus resultierende Todesangst des Fötus sind sie mir etwas zu sehr der Realität verhaftet, aber man kann dann ja einfach weiterblättern; denn die Realität: " is oft a bisserl fad ". Wie man in Wien sagt.

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  • 1 Monat später...

Martin Mosebach; DAS LEBEN IST KURZ, Zwölf Bagatellen, Rowohlt, 2. Aufl. Nov. 2016

Die geneigte Leserschaft erinnert sich? Auf Seite 5  habe ich das Kopfkissenbuch von Martin Mosebach besprochen, und zwei treffliche Teegedichte zitiert. Wie ich aus sicherer Quelle erfahren habe sollen diese beiden Gedichte bei dem nächsten Teetreffen als Eintrittscode benutzt werden;)

Nun aber zu seinem Buch: Das Leben ist kurz.

Die zwölf Erzählungen in diesem Band sind es auch.

Es sind Stücke, die schon in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem Focus und der tageszeitung erschienen sind. Der Rowohlt Verlag hat sie dankenswerter Weise in einem Band zusammengefasst.

Diese Bagatellen sind extrem verdichtete Erzählungen von großer Könnerschaft und haben die äußerst seltene Eigenschaft immer wieder lesbar zu sein.

Dieses Bändchen gehört auf jeden Nachttisch und in jede Reisetasche, und ich werde einen Teufel tun und euch den Inhalt zusammenfassen.

SELBER LESEN MACHT SCHLAU UND GLÜCKLICH

 

Sei Shonagons Kopfkissenbuch vom Manesse Verlag war für mich ein besonderes Buch im Jahr 2016.

Das Jahr 2017 ist noch jung, aber es scheint als hätte ich mein besonderes Buch 2017 schon gefunden:

Kloubert: Peking

Rainer Kloubert, PEKING, Verlorene Stadt, Elfenbein Verlag

Die Besprechung folgt in Kürze, seid gespannt.

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Am 8.1.2017 um 15:20 schrieb Paul:

Ian McEwan: Nußschale, Diogenes Verlag Zürich 2016,  22,00 €

Der beste Plot im Literaturjahr 2016 ist wohl in Ian McEwans  Buch: Nußschale zu finden; und dann auch noch einer, der bis zur letzten Zeile trägt!

"O Gott ich könnte in eine Nußschale eingesperrt sein und mich für einen König von unermeßlichem Gebiete halten, wenn nur meine bösen Träume nicht wären."  Hamlet.

Und da sind wir schon mitten drin im großen Weltgeschehen. Eine Mutter plant zusammen mit ihrem Liebhaber ihren Mann umzubringen. Nix Neues. Das Opfer, ein erfolgloser Dichter und Verlagsinhaber ahnt von allem nichts. Der sehr (!) männliche Teil des Mörderduos ist ein der Pleite entgegenschlitternder Immobiliemakler, ein Kotzbrocken sondersgleichen, und der Bruder des Opfers.

Der die ganze Geschichte erzählt ist der Fötus im Bauch der Mutter, ein paar Wochen vor seiner Geburt. Ich stelle ihn mir ein wenig vor wie den ungeborenen Oskar Matzerath,  der natürlich logisch denken kann, extrem gut hört, sein Wissen von Podcasts erhält, die seine Mutter Trudy hört wenn sie nicht schlafen kann. Er ist übrigens auch Weinliebhaber, weil seine Mutter natürlich mehr trinkt als ihr guttut.

Gut zu lesen ist es allemal und um einiges besser als das was man sonst als Kriminalroman angeboten bekommt.

Übrigens in ein sehr gut lesbares Deutsch gebracht von Bernhard Robben.

Was die Schilderungen des Beischlafs der beiden Mörder angeht und die daraus resultierende Todesangst des Fötus sind sie mir etwas zu sehr der Realität verhaftet, aber man kann dann ja einfach weiterblättern; denn die Realität: " is oft a bisserl fad ". Wie man in Wien sagt.

Dieses gute Buch ... ich hasse es. 9_9

 

@topic: Schlink - Die Frau auf der Treppe

Ein in dieser Hinsicht ähnlicher Kandidat, den ich gestern beendet habe. MMn sogar ein grosses Buch, das aber ebenfalls viele zu ertragende Aspekte aufweist. Da ist viel Schweres, Frust, Irrwege, falsche Ideale & Co. kompakt enthalten. Ein guter Tee dazu hat gut getan, trotzdem ein grosses Buch. Man wächst ja wahrscheinlich mit am meisten an Herausforderndem, wie Tee unter der Frühlingssonne.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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Ach, es zeigt so ernüchternd den Selbsbetrug in Beziehungen, wie man sich den Partner zu Beginn stets gutzumalen versucht, aber dieser Putz bröckelt leider meistens sehr bald und was zurückbleibt ist leider oft nur die blanke Selbstbezogenheit. Und dieses Buch ist so gut darin, diese selbstbezogene, eigentlich freibeuterische und alles Gute vergessende Art der Menschen aufzuzeigen. Ich denke schon, dass mit solchen Titeln an der Zukunft gearbeitet wird, dass die Menschen lernen, einfühlsamer zu werden, darum liebe ich dieses Buch ja auch, aber trotzdem hasse ich es, weil es mich immer wieder so schmerzt.

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  • 1 Monat später...

Am Welttag des Buches, sei den verehrten Lesern ein Gedicht vorgestellt:

Bücherlesen

Bücherlesen ist vonnöten,
soll euch nicht die Dummheit töten:
Wer nicht gerne Bücher liest,
ist für mich ein blödes Biest!

Bücherlesen, liebe Leute,
nicht erst morgen, sondern heute!
Heute gilt's, den Kopf zu füllen,
daß nicht laut vor Lachen brüllen

alle Affen hier im Zoo
über euren Kopf voll Stroh:
Stroh soll raus und Wissen rein,
das gilt nicht für euch allein,

sondern klar für jedermann,
der das Alphabet schon kann.
Ohne Bücher seid ihr Tröpfe,
sogar Holz- und Wasserköpfe!

Nur durch Bücher wissen wir:
Warum gibt es Menschen hier?
Denn kein Schaf gibt euch Bescheid,
keine Katze ist bereit,

Menschenkinder zu belehren,
die nicht auf die Bücher hören.

Hühner, Enten, Spatzen, Spechte
wissen leider nicht das Rechte,

was für Menschen wichtig wär.
Also: Nehmt die Bücher her,
Lest und werdet sacht gescheit,
daß ihr einst die Klügren seid.

Günter Kunert

 

P.S. Übrigens war am 21. April der British National Tea Day! Wer vergessen hat zu feiern kann das nachholen am 15. Dez. dem Internationalen Tag des Tees:)

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  • 1 Monat später...

Der Titel "Die Gesetze" von Connie Palmen ist mMn eine geniale Gesellschaftsanalyse, welche dem Glimmer der in Wahrheit nur kopierenden "Intellektuellen", "Geistlichen" und "Künstler" nacheifert, liebt, anbetet.

Aber sobald die ewig suchende Heldin die Personen besser kennenlernt, verfliegt der falsche Glanz und es werden schmutzige Tricks benötigt, damit sie kriegen, was sie wollen. Einer malt z.B. eine böse Teekanne (keine Sorge, das ist keiner der schmutzigen Tricks).

Aber der Titel ist trotzdem schrecklich und trotzdem gut. Ein Zeitzeugnis über den fast immer nur immitierend intellektuellen, geistlichen und künstlerischen Betrug und Selbstbetrug der Menschheit.

Sich wegen diesen Dingen besser zu fühlen als andere.

Es ist in Wahrheit Dummheit.

Man separiert sich selbst von anderen, indem man sich im Denken und Fühlen über sie erhöht, und verpasst dadurch so viel.

Weil man so gar nicht echt sein kann und vor allen und auch vor sich selbst eine Maske tragen muss, weil diese Maske der Sinn und Antrieb des Lebens vieler geworden ist.

Weil man selbst vom Punkt kommt, solche Dinge früher (vielleicht unbewusst) angebetet zu haben, und sich irgendwann selbst dazu entschieden hat, sich daran als Lebenssinn zu klammern, und sich letztlich dadurch bedeutender fühlt als andere.

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  • 1 Monat später...
  • 1 Monat später...

Wenn der Häuptling einen Filmausschnitt in den Literaturfaden setzt, hat das sicherlich einen tieferen Sinn;)

Ich werde aber eine Buchbesprechung rein setzen über:

Robert Menasse, Die Hauptstadt, Surkamp , 429 Seiten 24

Buchmesse, longlist, shortlist, Buchpreis 2017, jedes Jahr das Ballyhoo der BWL' er ....

Aber diese Jahr ist es schon etwas anders.

Aus allen Ecken kriecht der nationale Gedanke und die AFD ist im Bundestag.

Da ist es natürlich sehr apart mit Robert Menasse ein Vademecum zu haben, in dem u. a. aufgezeigt wird, warum wir die EU gegründet haben und was ihre eigentliche Aufgabe ist.

Ein Schwein rennt durch Brüssel, David de Vried sieht es, Kai Uwe Frigge nimmt Viagra und "täuscht Begehren vor", Fenia Xenopoulu (griechische Zyprioten) täuscht gagegen einen Orgasmus vor, ein gut katholischer Mörder betet ein wenig zu oft, Dr. Martin Susmann hat im Gegensatz zu seinem Bruder wirklich kein Schwein, Prof. Alois Erhart verläuft sich zu oft und der Kommissar hat einen Blähbauch und plötzlich keinen Toten mehr. 

Durcheinander?

Überhaupt nicht.

Die Figuren gewinnen Gestalt und werden interessant.

Tee?

Natürlich! Seite 91 erfährt man wo der legendäre Spruch: "Wenn er bereit ist, dieser Frau seinen Namen zu geben, dann werde ich ihr doch einen Tee geben können." herkommt.

Halt, halt schreit der aufmerksame Leser - das geht alles zu schnell. Recht hat er: es geht schnell, geradezu furios zu in diesem Buch.

Auschwitz, der tägliche Wahnsinn in den Kommissionen der EU, kalte Hände, Schweineohren für China, die DG AGRI, die DG TRADE, tschechische Nationalisten, Engländer (noch) in der EU um ein paar Stichworte zu nennen.

Und zu allem noch ein Mord; und ständig das rumrennende Schwein.

Für 24 € bekommt man etwas für sein Geld!

Auch die Information, warum die EU gegründet wurde und was eigentlich ihre Hauptaufgabe ist.

Hatte ich tatsächlich auch vergessen.

(http://www.suhrkamp.de/buecher/die_hauptstadt-robert_menasse_42758.html).

 

 

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Hihi, Paul, erstens, du liest den Spiegel? Zweitens, wenn du den Titel dementsprechend gut findest, finden musst, dann empfehle ich dir auf die Lektüre des Gegenberichts des FAZ Feuilleton zu dieser Wahl wohlweislich zu verzichten (ausser, du züchtigst dich gerne mit einer relativ kalten Dusche am frühen Morgen):

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/ihn-hat-es-geruehrt-uns-geschuettelt-buchpreis-fuer-robert-menasse-15238997.html

Bearbeitet von GoldenTurtle
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@GoldenTurtle ich lese vieles, mit dem ich nicht übereinstimme; das nennt man Meinungsbildung und die wiederum ist das Zeichen eines mündigen Bürgers, und der ist die Grundlage der Demokratie - weißt Du natürlich als Schweizer.

Nun mal ernsthaft: Der Artikel in der FAZ ist von Andreas Platthaus; die FAZ hat ein paar gute Donaldisten im Feuilleton. Andreas Platthaus gehört nicht dazu!

Also, wem vertraust Du literarisch, Kröte, einem (wahrscheinlichen) Kaffeetrinker wie Platthaus oder einem Pu-erh Trinker wie mir?

@KlausO SF ist per se nicht ehrenrührig (Teile der Bibel sind SF), aber in der Literatur ist es wie beim Tee: es gibt Kleingeister ohne Humor und charismatische Liebhaber des geschriebenen Worts die aus einem riesigen Fundus von Wissen und Scherzen die trefflichsten hervorzuzaubern verstehen und damit ihren Lesern ein Lächeln für den ganzen Tag ins Gesicht zaubern.

 

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