GoldenTurtle Geschrieben 4. August 2021 Teilen Geschrieben 4. August 2021 Frage an die Japanspezialisten @seika und @theroots: Was ist das für eine Beschichtung, mit denen scheinbar viele Tokoname Kyusu nach dem ersten Brand bestrichen werden? Hier ein leicht erkennbares Beispiel (dort, wo der Deckel aufsitz wurde die Beschichtung weggelassen, resp. mit aufgesetztem Deckel wurde einfach überall darübergemalt): Das Ziel dieser Beschichtung ist klar: dunkler, glänzender, glatter, hochwertiger wirkend Die Frage dabei ist jedoch: ist dies vielleicht ein falscher Weg, eine Abkürzung, um künstlich die Optik einer sehr hochgebrannten Tokoname zu immitieren, weil man durch diese glasierend wirkende Beschichtung mEn mehrheitlich den Einfluss des Tokoname Tones und dessen Spiel mit dem Tee verliert? Ich persönlich würde solch eine beschichtete Kanne darum eher zu den neutralen Aufgussgefässen zählen. Auch in japanischen Shops wie TDJ haben unterdessen etliche der angebotenen Tokoname Kyusu eine solche Beschichtung, bei Yunomi und Hojo etwas weniger, im ersten Fall eher günstigere und in zweitem Fall eher jene aus Banko Ton, der ja als der etwas einfachere gilt. Selbstverständlich gibt es auch natürliche unterschiedliche Ergebnisse von unterschiedlichen Tonen mit unterschiedlichen Brennmethoden. Hojo schreibt: Zitat When iron is baked with oxygen, it oxidizes to become Fe3+ (Magnetite). On the other hand, iron becomes Fe2+ (Hematite) when it is baked with less oxygen or without it entirely. With less oxygen, fire generates carbon monoxide. This carbon monoxide will draw oxygen away from the iron. The following picture shows 2 teapots that are produced from the same clay. On the other hand, there are a number of teapot that is made of originally black clay. Those black teapots are mainly dominated by Manganese. The Manganese appears in black when it is baked with oxigen. Usually mannagese does not make taste better. Hence it is important to select teapot not only just based on the color, but also with proper understanding of clay. The natural clay and mixed clay gives a different effect, although they looks visually similar. The iron particle exists in natural red clay is in crystallized iron granule, just like gem stone. Artificially mixed red clay contains added iron which is ground by granulator. The shape of iron particle is very uneven and large surface area due to the hammering by granulator. Usually artificially added iron has very low melting point because of larger surface, which unable the clay to withstand high baking temperature up to >1200 degree C, while the melting point of iron particle in mixed clay is at around 600-800 degree C. Once iron particle get melted during baking, it liquidize and drastically loose the surface area. Nowadays most of red clay teapots both in Japan and China are made from artificially mixed red clay. It is due to the reason that we start forgetting the effect of natural red clay and tends to choose teapot based on the outlook or the fame of the artist. Für mich jedoch zeigt das weiter oben als Beispiel genommene Bild, dass da so manche Hersteller scheinbar zusätzlich in die Trickkiste greifen. Könnte diese Beschichtung stark mit Eisenoxid versetzt worden sein, damit ähnlich wie SoGen vermutete folgendes passiert? Am 25.7.2021 um 12:39 schrieb SoGen: ich gehe jedoch davon aus, dass das Ausgangsmaterial ein aufbereiteter Shudei ist, der a) sehr feinkörnig und b) stark mit Eisenoxid (Bengara) versetzt ist, das dann bei der hohen Temperatur des Reduktionsbrandes verglast. Zitieren Link zu diesem Kommentar
doumer Geschrieben 4. August 2021 Teilen Geschrieben 4. August 2021 Ich kenn mich zwar nicht groß mit Tokoname Kyusus aus, aber mittlerweile zumindest ein bisschen mit Ton im Allgemeinen und ich denke, das ist keine Beschichtung sondern schlicht nicht-geglätteter Ton. Wenn man Ton glättet, entsteht wie der Name schon sagt eine glatte Oberfläche, die je nach Material durchaus auch eine andere Färbung haben kann, als der nicht-geglättete Ton (weil da dann z.B. die Schamottierung an der Oberfläche sichtbar ist, die u.U. eine andere Farbe hat, als der Ton an sich) - und warum gerade an der Stelle beim Deckel? Weil dieser eingeschliffen wird - bzw. der Korpus wird (nach dem Brennen) etwas abgeschliffen, damit der Deckel gut passt. Wenn es wirklich eine Beschichtung wäre, wäre der Hersteller doch doof, das an einer so offensichtlichen Stelle zu machen, oder? Ist übrigens nicht nur bei Tokoname Kyusus so - bei meiner Zhuni Shuiping gibt es am Deckel innen z.B. auch eine Stelle, die nicht geglättet wurde, siehe letztes Bild hier https://puerh.blog/teaware/zhuni-shi-piao-hu-and-grobe-porzellanschale SoGen und Paul reagierten darauf 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 4. August 2021 Autor Teilen Geschrieben 4. August 2021 (bearbeitet) doumer kanns nicht lassen und bringt notorisch Yixing ins Spiel. 😅😋 Dazu ist für gewisse möglicherweise erschreckend einmal festzuhalten, dass ich aus relativ zuverlässiger Quelle gehört habe, dass auch bei Yixing Kannen gerne getrickst wird, dass bspw. dem Ton Farbe beigemischt wird u.ä. Das soll nichts gegen deine Yixing heissen - die Unterseite des Deckels ist beim Brand i.a.R. wesentlich weniger exponiert, genau wie auch die Unterseite der Kanne, und das führt selbstverständlich zu natürlichen Unterschieden. Deine Yixing-Erwähnung erinnert mich jedoch daran, dass ich weiterzubohren habe. ✌️ Über Tokoname Kyusu weiss ich zugegeben weniger und frage deshalb auch offen in die Runde, mache mir aber auch schon so Gedanken. Ich schätze, dass es Merkmale gibt, um Beschichtete von nur Glattgestrichenen unterscheiden zu können, z.B. dass jene, die nur glattgestrichen sind, bei genauer Betrachtung an den Übergangsstellen keine Erhebung wie bei einer Beschichtung ausweisen, als auch keinen allzugrossen Farbunterschiede. All zu sehr glänzend und all zu sehr glatt wirkt für mich eher als Warnsignal. Es würde ja wie bei Jianshui auf der Aussenseite gerne verwendet, die Möglichkeit existieren, dass man nach dem Brand polieren könnte, wovon ich jedoch nicht ausgehe - wenn ich vergleiche, wirkt es mir bei den meisten sehr glatten, sehr glänzenden Tokoname Kyusu aufgetragen. PS: Dazu ein interessanter und anschaulicher Fall von TdJ, und zwar keine günstige Tokoname Kyusu, wobei mit einer Beschichtung (absichtlich) ein Farbwechsel hervorgerufen wurde (ich hoffe, dass zumindest in diesem Fall alle die Beschichtung erkennen können - sie wurde wieder über den aufgesetzten Deckel darübergepinselt, und wenn ich mir das recht anschaue, wurde sie bereits vor dem ersten Brand aufgetragen): Bearbeitet 4. August 2021 von GoldenTurtle Zitieren Link zu diesem Kommentar
Toko Geschrieben 5. August 2021 Teilen Geschrieben 5. August 2021 @GoldenTurtleSo sehen Kyusus aus, die den Prozess des Namamagaki hinter sich haben. Sobald der Ton "ledrig" ist (also sehr ca. 24h nach Fertigung der Teekanne) kann Namamigaki angewendet werden (siehe unterstehendes Video, dass ich schon einmal vor ein paar Monaten hineingestellt habe). Dabei wird die "halbharte" Kanne mit Metall-, Stein-, und (manchmal auch) Bambuswerkzeugen glattgestrichen. Eine extrem aufwändige Prozedur, die i.d.R 2x durchgeführt werden muss. Ergebnis: siehe unten die Fotos: eine seidig glatt glänzende Oberfläche mit wunderschönen Übergängen; es können jedoch täglich nur ein paar Kannen so behandelt werden, das geht nicht bei größeren Stückzahlen. Die Stelle, wo der Deckel aufliegt wird mit dem Deckel eingeschliffen, deshalb ist dort eine rauere Oberfläche. Ich habe auch eine angeblich nicht beschichtete schwarze Kyusu (die 1.), die jedoch eindeutig mit irgendetwas entweder schon vor dem 1. Brand oder danach "eingestrichen" wurde. Auf jeden Fall ist die Oberfläche irgendwie glasiert (ich nehme an, durch Eisenpulver), dass entweder von Haus aus dem Ton zugefügt wurde bzw. in einer Art "Tonmilch", die man später auftrug. Infos dazu habe ich jedoch vom Verkäufer nie erhalten. Und ich bin schon gespannt was die Experten hierzu schreiben werden. Auch hier ist der Deckel eingeschliffen worden, wie @doumerschon bemerkte. Es sind Drehbewegungen mit dem Deckel, die ihn passgenau einschleifen; das macht man schon sehr lange so in Japan. Mehr Fotos mit wesentlich besserem Licht: Aktuelle Fotos (siehe den Übergang): doumer und SoGen reagierten darauf 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
doumer Geschrieben 5. August 2021 Teilen Geschrieben 5. August 2021 (bearbeitet) @GoldenTurtle klar getrickst wird da viel, aber an anderer Stelle (der Ton an sich) - das ist genau das Glätten, was ich erwähnt und @Toko ausführlich beschrieben hat, was so ein Erscheinungsbild gibt. Das Bild aus deinem zweiten Post ist etwas komplett anders, aber ebenfalls nichts verwerfliches (zumindest wenn man die Optik außer Acht lässt 😂) : hier wurden einfach verschiedenfarbige Schlicker-Schichten auf den Korpus aufgetragen, um den gewünschten optischen Effekt zu erzielen - reine Deko! Die Technik wird aber schon seit Jahrhunderten in verschiedenen Kulturen verwendet, ein optisch deutlich gelungeneres und bekanntes Beispiel ist z.B. koreanische Bucheong-Keramik. Bearbeitet 5. August 2021 von doumer SoGen und Toko reagierten darauf 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 5. August 2021 Autor Teilen Geschrieben 5. August 2021 (bearbeitet) @Toko Ja, die Glattgestrichenen hab ich zuvor ja auch erwähnt - das ist die saubere, natürliche Methode - und bei den von dir geposteten Bildern sieht das Resultat auch natürlich aus! Ich hab einfach den Verdacht, dass es neben diesem natürlichen Weg (der wie du schreibst "Eine extrem aufwändige Prozedur, die i.d.R 2x durchgeführt werden muss.") noch eine Abkürzung durch eine Beschichtung gibt, um ein optisch ähnliches Resultat auf wesentlich einfachere und schnellere Weise zu erhalten. vor einer Stunde schrieb Toko: Ich habe auch eine angeblich nicht beschichtete schwarze Kyusu (die 1.), die jedoch eindeutig mit irgendetwas entweder schon vor dem 1. Brand oder danach "eingestrichen" wurde. Auf jeden Fall ist die Oberfläche irgendwie glasiert (ich nehme an, durch Eisenpulver), dass entweder von Haus aus dem Ton zugefügt wurde bzw. in einer Art "Tonmilch", die man später auftrug. Ganz genau so ein Fall, sehr ähnlich ist meine Vermutung! vor einer Stunde schrieb Toko: Auch hier ist der Deckel eingeschliffen worden, wie @doumerschon bemerkte. Es sind Drehbewegungen mit dem Deckel, die ihn passgenau einschleifen; das macht man schon sehr lange so in Japan. Stimmt, das muss miteinberechnet werden, da habe ich mit der Deckel-Auflagefläche wohl eine zu einfach Methode gesucht, um etwas schlüssig abzuleiten. Selbstverständlich gibt es durch das Einschleifen ein Aufrauen, wodurch die Farbe einerseits matter wird und bspw. auch von einer ggf. karbonisierten Tonschicht abgetragen werden könnte. PS: Ich sehe das Thema als Verstehenlernprozess, wobei man durch gegenseitiges Wissen und Erkenntnisse vorankommen kann im Verständnis. Bearbeitet 5. August 2021 von GoldenTurtle Toko reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Toko Geschrieben 5. August 2021 Teilen Geschrieben 5. August 2021 @doumercooler Link zur Buncheong-Keramik! Wieder was gelernt. @GoldenTurtle Einen interessanten Artikel habe ich nun in meinen Notizen wiedergefunden: u.a. Dellen auffüllen mit Schlicker: "Unebenheiten mit Schlicker ausfüllen: Tonschlicker besteht aus wieder angelösten, ungebrannten Tonresten, die sich hervorragend dazu eignen, vor dem Brennen der Keramik störende Vertiefungen auszufüllen. Verwenden Sie dafür auf jeden Fall denselben Ton wie der, aus dem Ihr Objekt besteht. So erreichen Sie eine vollständig glatte Oberfläche ohne lästige Dellen. Denn eines sollten Sie bedenken: Auf einer glänzenden Fläche fallen Unebenheiten viel mehr auf als auf einer matten!" Q: https://www.hausjournal.net/keramik-polieren Und auch hier unter Punkt 2: polieren mit Tonschlicker: "(...) Das Polieren nach einem Auftrag von Tonschlicker: Auch bei der zweiten Variante wird das Werkstück poliert, wenn der Ton lederhart bis nahezu trocken ist. Im Unterschied zur ersten Methode wird die Tonhaut hier aber nicht direkt poliert, sondern das Werkstück wird zuerst mit einer Schicht Tonschlicker überzogen. Der Tonschlicker kann aus dem gleichen Ton bestehen wie das Werkstück, es kann sich aber auch um ein anderes Material oder um Engoben handeln. Poliert wird dann, wenn der aufgetragene Tonschlicker nahezu trocken ist. Sollte der Tonschlicker zu schnell trocknen, um ihn ordentlich polieren zu können, kann der Tonschlicker mit etwas Salatöl und einigen Tropfen Spülmittel vermischt werden. (...)" Q: https://www.anleitung-zum-toepfern.de/fachartikel-zum-thema-toepfern/anleitung-zum-polieren-von-toepferarbeiten/ Ich vermute das kommt dem Kern der Sache schon viel näher?! vor 46 Minuten schrieb GoldenTurtle: Ganz genau so ein Fall, sehr ähnlich ist meine Vermutung! Tonschlicker scheint die "Schnellvariante" für eine poliert wirkende Oberfläche zu sein. vor 47 Minuten schrieb GoldenTurtle: PS: Ich sehe das Thema als Verstehenlernprozess, wobei man durch gegenseitiges Wissen und Erkenntnisse vorankommen kann im Verständnis. Solch komplexe Themen sind immer ein toller Prozess: wenn wir alle unsere Puzzleteilen an Info die wir haben zusammenfügen kommt ein größeres Ganzes heraus 😃 GoldenTurtle reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
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