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Shu-Produktion: Unterschiedliche Ansätze erfahrener Produzenten


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Hab gerade ein Muster von "Lesser Evils", Jahrgang 21, von W2T erhalten, kommt gleich in die Kanne ...

Ich hab Produzenten wie Scott oder Paul schon im Blick, wenn ich auch gemischte Erfahrungen gemacht habe. Solch eine einmal detailliert zu erzählen passt ziemlich gut zum Thema. 18er "Lucy" by Lucy (der 7 Jahre Lucy Jubiläums-Shou von Scott) ... beim Muster war ich begeistert. Fladen zugetan, und zunehmend ist der Shou für mich banal geworden. Der erste Eindruck welcher der Shou macht ist stark. Aber ich befürchte, der Shou ist auf den ersten Eindruck hin produziert (Feuerwerkstees, wie wir es auch im Oolong oder Sheng kennen - im ersten Eindruck begeistern, damit der Kunde schnell kauft), aber danach entwickelt sich der Shou in der Kanne kaum interessant weiter, sondern er nimmt fast nur ab. Peak und dann nur runter. Dies passt für mich enorm gut zum Thema und zu der Entwicklung von Shou Produzenten (bei Scott sind das ja wahrsch. verschiedene Leute, die an verschiedenen Orten fermentieren, und teilweise kauft er sich ja auch nur in eine Produktion rein - d.h. bei ihm z.B. kann man da nicht einfach von einer Produktion auf alle schliessen).

Gezielt ein bestimmtes Aroma mit der Produktion zu erreichen ist eines, aber ein Shou komplex zu machen etwas ganz anderes. Der Shou war ja mit Pflückgut von einem Ort, wenn ich es recht in Erinnerung habe. Scott geht darum nun oft den Weg, Komplexität durch Blends verschiedener Gegenden zu erreichen, ebenso Paul, er blendet nicht nur verschiedene Regionen, sondern auch verschiedene Jahrgänge und obendrein unterschiedliche Fermentationsgrade - der Dreierblend, der bspw. im Heicha in Anhua eine fast schon 200 Jahre alte Tradition aufweisen kann. MMn gehen jedoch die führenden Factories heutzutage teilweise Wege, die mir sehr gut gefallen, Komplexität aus dem Pflückgut herauszukitzeln, die nicht (nur) von einer Mischung herrühren, sondern einerseits hochwertigeres Pflückgut, andererseits technisch gezielter darauf einzugehen.

PS: Will noch anmerken, Scott und Paul, die beiden geben sich wirklich, wirklich bemerkenswert Mühe und streben nach steten Entwicklungen. Es ist schön, diese zu verfolgen.
Beim ersten Schluck von "Lesser Evils" musste ich gerade lächeln ... Buttercroissant-Noten, wie sie bisher sonst noch nie meinen (Tee-) Weg gekreuzt haben.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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  • 2 Monate später...

Wiedermal ein Rant meinerseits über westwärts gerichtete Shou-Produzenten:

Es fiel mir in letzter Zeit insb. bei neueren Produktionen von Paul (aber ansatzweise auch bei Scott) auf, dass vermehrt auf Süsse hin produziert wird, so dass diese den aromatischen Grundpfeiler mehrerer seiner Shou darstellt.
Und die Westler jubeln - denn für viele eigentliche Shou-Nichtliebhaber wird der Shou so zugänglich.
Es ist das gleiche Spiel, wie wenn man dem Wein mehr Restsüsse lässt - Leute, die eigentlich keinen Wein mögen, ja selbst Teenager kommen so "auf den Geschmack". Der Wein wird dadurch süffig, leicht reinzukippen.
Ob das etwas Gutes ist?
Es ist auch vergleichbar mit Schokolade - von sehr dunkler Schokolade (80+) isst man i.d.R. wenig und ist schnell durch die Intensität gesättigt - hingegen bei stark gezuckerter Schokolade stopfen die Leute oft viel zu viel davon rein, weil etwas falsches in ihnen angesprochen wird (die Lust nach Süsse), das kein gesundes Sättigungsgefühl hervorruft, wie es bei einem reinen, hochqualitativen Naturprodukt der Fall ist.

Was den Meisten dabei auf jeden Fall unklar sein dürfte - so zu produzieren ist keine Kunst, es ist für die altehrwürdigen Produzenten mVn bei den richtigen Produktionen sogar unter der Gürtellinie (Süsse spielt da höchstens eine kleine Nebenrolle).
Hingegen gezielt auf Süsse hin zu produzieren ist so einfach und banal (mit der Problematik hierbei wie anderweitig ausführlicher erwähnt, dass dies echte Tiefe und Komplexität reduziert), so dass dies höchstens bei den mit billigsten Produktionen ihrerseits Verwendung findet.

Hartes Fazit: Wer die Süsse im Tee liebt, der liebt eigentlich nicht den Tee.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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@Diz Ich habe kürzlich den Shou von Panda nachverkostet, ordentlich dosiert.
Auf der fruchtig-süssen Seite des Spektrums, mehr als was bei den hochkarätigsten Produktionen heutzutage "in" ist, aber mMn noch nicht übertrieben, sondern wirklich gelungen, auf der einen Seite ist das natürlich sehr Shou-Anfänger freundlich, auf der anderen Seite aber dennoch auch für mich ein Genuss.
Ich habe es mir gut überlegt und bin noch etliche Punkte und Vergleiche durchgegangen - ich würde attestieren, dass dieser wirklich in Ordnung ist und du den für den Verkauf freigeben kannst.
Mehrfach nicht die geringste Magenunstimmigkeit o.ä. erlebt.
Wir hatten deshalb ja ausführlich darüber gesprochen, den gemeinsam untersucht und verkostet.
Für die anderen: Auch die von Diz in Auftrag gegebene Laboruntersuchung ergab, dass er kein aktuelles Schimmelwachstum aufweist.
D.h. der minimale weissliche Schimmel, den man aber auch nur sieht, wenn man wirklich gut schaut, stammt von der Produktion unter kontrollierten Bedingungen und nicht von danach (letzteres wäre bedenklich bis kritisch).
Jedoch
 ähnliche, wenn nicht gar identische, winzige, weissliche Schimmelspuren habe ich selbst auf Shou-Produktionen der renommiertesten Produzenten gefunden.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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Am 22.2.2022 um 11:42 schrieb GoldenTurtle:

und du den für den Verkauf freigeben kannst.

Sehr gnädig von Ihnen, Professor Kröti! :D
Die weissen Stellen sind gemäss Labor übrigens kein Schimmel sondern Kristalle. Aber um welchen Stoffe es sich konkret handelt wurde nicht untersucht. Spontan kommt mir hier Koffein in den Sinn.

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vor 29 Minuten schrieb Diz:

Die weissen Stellen sind gemäss Labor übrigens kein Schimmel sondern Kristalle.

Ah, wirklich?!? Das ist ja umso besser und obendrein interessant, aber auch rätselhaft, wie diese beim Shou-Prozess entstanden sein könnten ... wir wissen ja vom Rösten bei der Oolong-Produktion, dass sich dabei Koffein in kristalliner Form absetzt, was aber auch nachvollziehbar ist.

Das könnte auch ich dies erklären resp. umdeuten:

Am 22.2.2022 um 11:42 schrieb GoldenTurtle:

Jedoch ähnliche, wenn nicht gar identische, winzige, weissliche Schimmelspuren habe ich selbst auf Shou-Produktionen der renommiertesten Produzenten gefunden.

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@Manfred, @SoGen könnt ihr euch einen Reim darauf machen, wie bei der Shou-Produktion Kristalle entstehen könnten?!?
Das Einzige, was für mich bislang Sinn machen würde, wenn mit relativ viel Feuchtigkeit beim Fermentieren gearbeitet wird und sich dabei Mineralien aus dem Pflückgut extrahieren und diese sich beim Trocknen am Ende in kristalliner Form auf dem Tee absetzen. Was haltet ihr von meiner Theorie, oder habt ihr eine bessere Idee?

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Nun, ich kenne mich mit dem Produktionsprozess von Shou nur sehr oberflächlich aus, aber wenn das Wo Dui (渥 堆) feucht und warm genug ist (wobei ich keine Ahnung habe, was da üblich ist) kann ich mir schon vorstellen, dass insbesondere das Koffein ausgelöst wird und an der Oberfläche bei Kontakt mit warmer Luft kristallisiert. Bei der Entkoffeinierung von Tee wird jedenfalls gezielt mit dem 'Tränken' des Blattguts gearbeitet, wobei da zur Unterstützung (bzw. zum Binden des Koffeins) noch mit Dichlormethan gearbeitet wird. Oder mit Kohlendioxid, was dann zusätzlich noch hohen Druck und Hitze braucht, um als Lösungsmittel zu fungieren. Keine Ahnung, womit innovative Shu-Produzenten so ihre Soßen womöglich anreichern - aber eine genügende Durchtränkung des Blattgutes einerseits (Auslösung des Koffeins) und andererseits Lagertemperaturen, die die Feuchtigkeit ausschwitzen und deren Wasseranteil verdunsten lassen, dürften zur Kristallbildung ausreichen. Mit der Fermentation dürfte das mE nicht in Zusammenhang stehen.

 

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  • 4 Monate später...
  • 3 Monate später...

Zwischenmeldung zu der Entwicklung des ersten Shou-Jahrgangs von Yu, der mich wirklich überzeugte: 2014, die Yiwu Taidi Produktion.

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Gerade in der Tasse, was auch den Anlass zu diesem Kurzbericht darstellt - hat der sich gut entwickelt! Inzwischen zeigen sich auf vorbildlichste Weise chinesische Dattelnoten, ich würde tatsächlich sagen perfekt getroffen, geradezu beispielhaft. Sehr empfehlenswertes Anschauungsbeispiel für diese klassische Shouproduktiones-Zielnote. Wer davon noch irgendwo ein Flädchen auftreiben kann, macht damit, denke ich, kein Fehler ... aber auch hier brauchte es jahrelange Geduld, ich hab den Fladen tatsächlich seit etwa 8 Jahren, und die ersten Jahre war er nicht wirklich spannend - aber das kennt man ja auch nur zu gut aus der traditionellen Weinwelt; die richtig traditionellen Produktionen brauchen mehrere bis einige Jahre, bis sie richtig zur Geltung kommen, ihr gesamtes Potential zu entfalten beginnen. Der sehr treffende Begriff "noch verschlossen" stammt mWn auch aus der Weinwelt. Heutzutage wird zwar auch viel für schnelllebige Kundschaft auf moderne Weise produziert, aber diese Weine reifen und altern dann vergleichsweise schlecht, es geht bei denen auf kurz oder lang eigentlich nur in eine Richtung, nämlich langsam runter, vergleichbar mit den auf direkten Genuss hin produzierten Tees.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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  • 1 Monat später...
vor 1 Stunde schrieb GoldenTurtle:

Ich hab doch schon so viel geschrieben in dem Thema!! 

Eben! Drum dachte ich dass du da womöglich das weiterhin verfolgt hast, falls es da was Neues gibt. Die letzten Infos sind ja z.T. 2 Jahre her :winken-traurig:. Aber sieht so aus, als sei da nicht so viel passiert, was zu neuen Produkten führt.

Gerade der Dayi Yi Yuan Su aka Prebiotea aka Fermentation 3.0 war etwas, von dem ich mir einiges erhofft hatte. Aber irgendwie scheint das ziemlich im Sande verlaufen zu sein. Es wurde wohl der erste Jahrgang 2018 gemacht und nochmal einer 2019, und das wars.

Jetzt kommt tatsächlich eine neue Generation davon heraus, also die 3.0 Version der 3.0. Und was ist das?

 

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Oh weh... Shu-Pulver.

 

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Zitat

Origination:

The manual fermentation (Wo Dui) is updated to the 3.0 version by Dayi's own technology institute. This product is the 3rd Gen.

Usage:

1) Put the powder into the cup (with capacity of 200ml-300ml is recommended).

2) Pouring boiling water into the cup. 

3) Shake the cup gently 2-3 times then you can drink it. 

Taste: 

Smooth, mellow, clean. 

Unique shou puerh tea fragrance. 

No earthy flavor. 

 

Das war's dann wohl erstmal mit dem Thema. Aber es gibt ja insgesamt eine große Vielzahl an hochwertigen Shus, die Vielfalt an Fermentationstiefe ist auch da mittlerweile. Aber so richtig neues Zeug zu schaffen war dann wohl selbst für die Menghai TF nicht so leicht.

Wär sicher nett, das zu probieren, aber 54 Dollar für 28x1g Shu-Pulver geb ich dann doch nicht aus :D

Dayi ist eh wild drauf grad. Der 2022 Dragon Pillar ist jetzt ein Sheng! Sachen gibts, echt...

Bearbeitet von miig
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  • 4 Wochen später...

Sehr nett, wie sie im Video aus purer Tradition noch eine Zisha-Kanne rumstehen haben.

 

hihi

Am 28.11.2022 um 13:44 schrieb Diz:

Hat den Vorteil dass man, wenn kein anständiges Wasser verfügbar ist, dieses auch snieffen kann. 😁

Ich denke, das wäre eine sehr schöne Challenge für die nächste 'Zui :)

Bearbeitet von miig
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vor 22 Stunden schrieb Der-Große-Shu:

Herr Miig, das Rätsel um Herrn Mbappe ist gelöst. Er konsumiert ebenfalls das Shu Pulver.

Sehr schön, sehr schön! Ich hatte dies schon in der Tasse und konnte leider keine sportlichen Höchstleistungen vermerken. Vermutlich ist die alternative Konsumform der Leistungssteigerung zuträglicher.

 

Und dann gabs heute noch den 2019er Prebiotea aka 2019 DaYi "Yi Yuan Su" ( Original Beneficial Factors - 2nd Gen.).

Also der Tee, der mit der brandneuen, superspeziellen Fermentationsmethode produziert wurde. Das Blatt haut nicht vom Hocker und sieht schon eher nach preiswerten Produktionen aus. Wesentlich weniger schön gemacht als z.B. ein Dragon Pillar.4H2A8172.thumb.jpg.e6ef9a4c3ba5132259017310c9a9cb1f.jpg

Ich finde, das sieht man auch im Video:

 

Aber wir wollen uns ja nicht von Oberflächlichkeiten blenden lassen, nicht wahr? Also los gehts, ein Waschgang, und da duftet das Blatt schon recht vielversprechend. Recht intensives Aroma mit - ist das Kampfer? Dieses gewisse intensive Aroma, das normalerweise bei älteren, feuchter gelagerten Tees zu finden ist. Aber gut, er ist auch schon von 2019 und vielleicht im entsprechenden Klima rumgelegen.

Insgesamt macht der Tee einen guten und wertigen Eindruck. Tief, dunkel, sehr glatt, "smooth" wie junggebliebene sagen würden. Kaum was eckiges oder derbes, eine leichtere Fermentation, nicht die intensive Schokonote der modernen Schnelltrink-Shus. Insofern ein ziemlich vielversprechender Antritt.

Er hält es auch für 5 Aufgüsse durch, was etwas besser ist als ordentliche Shus das in der Regel tun, und schon richtung Premium-Niveau geht. (10g auf 250ml).

Allerdings fehlt dann die Komplexität im Abgang und auf der Zunge, da passiert weniger als z.B. bei Peerless. Auch ein Dragon Pole ist noch etwas besser in der Richtung. Allerdings ist keiner so super-cremig und gefällig.

Meine Vermutung ist, dass die Fermentationsmethode durchaus sehr schöne Ergebnisse bringen kann und dass der Tee eher an mittelprächtigem Ausgangsamaterial leidet. Denke, dass mit edlerem Blattgut diese Tees ihr Potential erst so richtig ausschöpfen könnten. Aber ob wir dies noch sehen werden, ist ja gerade sehr unklar. Könnte natürlich auch sein, dass die Erkenntnisse indirekt Eingang finden in künftige Dragon Pillars und Konsorten.

Da wäre es halt schon sehr interessant, was konkret die 3.0er Fermentation ausmacht, wie sich dort die drei Generationen unterscheiden und warum Dayi jetzt auf Instant-Tee gegangen ist dabei. Aber ob wir das mal erfahren, wird sich zeigen...

@GoldenTurtle: Wenn ich es richtig lese, steht deine Verkostung dieser Tees noch aus, nicht wahr?

Bearbeitet von miig
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