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Yang Xian Xue Ya


SoGen

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Heute in der Schale: der letzte Rest der vorjährigen Mingqian-Pflückung eines Yang Xian Xue Ya (阳羡雪芽), gesourced und bezogen von DTH (105 $/250 gr). Also Zeit, ihn vorzustellen, bevor die Erinnerung verblasst. Dass dies nun hier und nicht im WTIHIET-Thread geschieht hat seinen Grund darin, dass sich dieser Tee hierzulande doch eher selten in einer Teeschale findet; bei Recherchen zu diesem Tee ist die Vorstellung hier dann vielleicht etwas einfacher zu finden.

Die grünen Tees der 'Ostküste' (was für mich konkret Zhejiang, Jiangsu und das im Hinterland gelegene Anhui bedeutet) sind zu recht weltberühmt, wobei diese Bekanntheit über den Inlandsmarkt hinaus vor allem von zwei Faktoren abhängt: ausreichend Anbauflächen, um deutlich über den lokalen Bedarf hinaus zu produzieren sowie eine gute Anbindung an überregionale Märkte. Interessant (nicht zuletzt auch hinsichtlich Preis-/Leistungsverhältnis) sind nun durchaus auch die Tees, die es mangels Masse nur selten auf den internationalen Markt schaffen. Bezeichnenderweise findet man sie oft in der Nähe alter Handelszentren, unter deren urbaner Bevölkerung sie wohl in erster Linie ihre Abnehmer finden. Beispiele sind etwa der Yu Hua Cha aus der Nähe Nanjings und auch der hier vorgestellte Tee: Yang Xian ist der alte Name des Zentrums der Keramikindustrie Jiangsus (mit Bedeutung weit über die Provinzebene hinaus): Yixing. "Xue Ya" würde ich mal mit "Schneeknospen" übersetzen - wobei der Tee gar nicht so recht danach ausschaut:

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Die weißen 'Spots' sind dünn gesät - aber, auch wenn man es wegen der Verarbeitung zu einem flach gepressten Tee (bianxing cha) dem Blatt nicht ansieht, hat es doch einiges an Flaum, das sich im Aufguss als 'milchige' Trübung zeigt - wenn auch schwächer als etwa bei einem Bi Luo Chun. Das abgearbeite Blatt (letztes Bild) zeigt sorgfältige Handpflückung nach Maojian-Standard (Knospe und 1. Blatt).

b.thumb.jpg.2517f443d3adafd9dcbc0056ab448e51.jpga.thumb.jpg.2bef2d9f3590e2bfd59bf9b815d14b6a.jpg

Nun hätte es natürlich nahe gelegen, den Tee in Yixing-Keramik aufzugießen - ich denke mal, in seiner Heimat tut man das auch. Da meine Yixings jedoch alle auf unterschiedliche Oolong-Typen (Wuyi, Fenghuang, Anxi) eingefahren sind, habe ich davon Abstand genommen. Zum Einsatz kam also mein Standard Banko-Set von Yamamoto Taisen, der mit dieser etwas ungewöhnlich geformten Kyusu offensichtlich auf chinesische Formen anspielt.

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Weitere Aufgussparameter: 10 gr auf ca. 160 ml, Temperatur um die 75° C (für die Aufgüsse 4 - 6 leicht angehoben). Blanchieren bei ca. 60° C, 6 Aufgüsse: 20'', 30'', 50'', 1'20'', 2', 3'. Bis auf das Gewicht alles nur ungefähre Angaben - der Atem misst nicht so genau wie eine Stoppuhr, aber zumindest für mich ist er hinreichend.

Verkostungsnotizen:

Trockenes Blatt: unbestimmt blumiger Duft.
1. Aufguss
Nase: weisse Lilien ("Friedhofsblumen", um ganz unschuldig meine Schwiegermutter zu zitieren) - einschließlich des typischen wachsartigen Grundtons.
Geschmack: hat erstaunlich wenig mit der Ankündigung durch die Nase zu tun. Füllig, gemüsig - Anklänge von Chicorée ohne Bitterkeit (ein Oxymoron, ich weiss ...), weißer Spargel.
Abgang: anhaltende, leichte Süße. Kein hui gan, aber mit leichten, minzigen Obertönen. Was mich zu der Theorie inspiriert hat, dass dies Anlass zur Namensgebung war -  ein wenig wirkten diese Obertöne schon wie kleine Schneeflöckchen auf Teeknospen.

2. Aufguss
Nase: verstärkt Wachs - hier steht übrigens ein ernstzunehmender Grenzpfahl für die Dosierung. Bei Überdosierung beginnt das schon sehr unsubtil nach Schuhcreme zu duften.
Geschmack: Gemüsesuppe - keine Minestrone, sondern eine klare, komplex strukturierte Gemüseconsommée.
Abgang: erste, edelbittere Noten, die den Abgang ergänzen. Die 'Minzigkeit' ist weg, der Schnee geschmolzen.

3. Aufguss
Nase: baut jetzt merklich ab, hellere Noten ('Obertöne') fehlen
Geschmack: leichte Zunahme der bitteren Noten - ein Prozess, der sich in den folgenden beiden Aufgüssen verstärkt. In gleicher Weise wird der gemüsige Geschmack zunehmend grundtöniger.
Abgang: die Süße ist verschwunden, es bleibt ein angenehmes Mundgefühl. Leichtes Taubheitsgefühl der Wangeninnenseite, angeregter Speichelfluss.

4. Aufguss
Nase: leicht, undifferenziert gemüsig.
Geschmack:  siehe vorheriger Aufguss
Abgang: siehe vorheriger Aufguss - die leichte Adstringenz der Wangen weitet sich auf den gesamten Mundraum aus.

5. Aufguss
Nase: schwach
Geschmack: siehe 3. Aufguss
Abgang: siehe vorheriger Aufguss

6. Aufguss
Nase: leichte Noten von weißer Asche (kann man so was riechen? Ich schon ...).
Geschmack: die Grundtöne 'verholzen' - saftiges, junges Holz. Was es mE lohnend macht, dem Tee so weit auf den Grund zu gehen.
Abgang: gefühlt hat sich die Adstringenz über die Speiseröhre  bis in den Magen ausgebreitet, ohne dass dieser protestieren würde (und ich bin da durchaus empfindlich). Die Speichelproduktion ist deutlich zurückgegangen, ohne dass sich die Schleimhäute trocken anfühlen würden. Bei einer Kombination mit Essen würde ich zu einer Verwendung als Digestif raten.

 

 

 

 

Bearbeitet von SoGen
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