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Warum sind Chawan eigentlich so teuer?


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Wer gerne Matcha trinkt, hat sich auf der Suche nach einer passenden Matchaschale sicherlich schon gefragt, warum einige Matchaschalen so teuer sind. Schließlich handelt es sich "nur" um “gebrannte Erde”. Die Frage ist nicht unberechtigt, denn es gibt im Handel Matchaschalen für unter 20 EUR pro Stück. Wieso kosten dann einige Exemplare gleich mehrere hundert oder gar tausend Euro? Es gibt auf diese Frage nicht die ultimative Antwort, aber ich versuche in diesem Artikel einen Erklärungsansatz zu geben.

Hier gehts zum Blogartikel.

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In der Tat gut zusammengefasst. 

Zitat

Und dazu müssen wir zunächst in die Vergangenheit schauen. Geschichtlich betrachtet waren Chawan bzw. Matchaschalen über viele Jahrhunderte etwas Besonderes

Interessanterweise haben zumindest historisch gesehen Chaire einen höheren Stellenwert. Hierzu folgende Passage aus Cha-No-Yu: The Japanese Tea Ceremony (A.L. Sadler):

Zitat

The most important pottery of Cha-no-yu is first the Cha-ire and then the Cha-wan. It is said that among the military class the most precious possessions were first Tea-caddies, second writings, and third swords.

Ob dies im heutigen cha-no-yu noch immer gilt, ist mir allerdings nicht bekannt. 

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vor 1 Minute schrieb theroots:

Ob dies im heutigen cha-no-yu noch immer gilt, ist mir allerdings nicht bekannt. 

Mir auch nicht - aber im Senchado spielt die Chaire eine herausgehobene Rolle. Ganz wörtlich, sie steht in den meisten Formen erhöht auf einer Art kleinem 'Altar'. Wobei natürlich eine Chawan meist schon etwas eindrucksvoller ist als ein Satz Yunomi ... Aber ich denke, im Cha-no-yu ist es nicht anders. Der Ehrenplatz gebührt dem Tee - nicht dem daraus zubereiteten Getränk. Dieses ist nur das Medium der 'Kommunikation' mit dem Tee.

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Ich finde solche Pauschalaussagen wie die von Sadler schwierig, wenn sie nicht mit Quellen und Studien untermauert werden. In Bezug auf Tee wurden viele Aussagen und geschichtliche Entwicklungen lange Zeit nicht hinterfragt, daher bin ich bei solchen Aussagen vorsichtig, da ich die Quelle, auf die er sich hier bezieht, nicht kenne. Wichtig für diese Aussage ist sicherlich die Tatsache, dass die begehrtesten cha-ire als karamono (Chinawaren) äußerst selten waren. Und die prominentesten Beispiele, die immer wieder aufgeführt werden, sind solche, die bereits nachweislich prominente Vorbesitzer hatten und zum Zeitpunkt ihres höchsten Wertes auch als echte Antiquitäten galten. Und dann muss man noch zwischen cha-ire und cha-tsubo (Behälter für Teeblätter) unterscheiden, von denen letztere allein aufgrund ihrer Größe sehr teuer sein konnten. Von ihnen gibt es ebenfalls überlieferte meibutsu (berühmte Utensilien) mit erstaunlich hohen Preisen. Rikyû hat jedenfalls in einem seiner Briefe einen Preis von 50 Goldstücken für einen cha-tsubo erwähnt, was bereits zu Peak-Zeiten geweswen sein muss.

Später kamen als Alternative für cha-ire auch natsume hinzu. Die Preise, die für prominente meibutsu (berühmte Werke) gezahlt wurden, waren Liebhaberpreise. Hier regelt nicht nur Angebot und Nachfrage den Preis, sondern auch das Alter und die individuelle Geschichte des Objekts. Daraus kann man meiner Meinung nach nicht ableiten, wie die allgemeinen Marktpreise der heimischen Utensilien einst war. 

Aber das zu recherchieren ist ohne Originalquellen ohnehin müßig und wäre sicherlich ein interessantes Forschungsthema. Wie es heute aussieht, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich bin viel auf Töpfermärkten unterwegs und kenne auch viele Keramiker und Öfen. Eine Chawan findet sich immer in ihrem Sortiment. Eine cha-ire relativ selten. Gemessen an ihrer Größe sind sie sicherlich relativ teuer, aber meiner Erfahrung nach deutlich unter 1000 EUR zu haben, meistens zwischen 100-500 EUR. Sie sind sicherlich nicht günstig, aber in den Fällen, in denen ich einen Vergleich anstellen kann, sind Chawan teurer, vor allem die gelungenen.

Zwei Gründe, dass cha-ire unter den Erzeugnissen von Keramikern so selten sind, können mangelnde Nachfrage und fehlende Akzeptanz sein. Denn ich würde behaupten, dass viele, die nicht Tee in einer Schulrichtung praktizieren auf eine Natsume oder Cha-ire verzichten können. Dieses Utensil ist außerhalb der Teezeremonie verzichtbar, da der Matcha bereits in einer Dose, die gut schließt, im Kühlschrank aufbewahrt werden kann. 

In den japanischen Tee-Fachgeschäften, in denen ich war, findet man unter den Zubehörartikeln eigentlich nur zwei gängige Typen: Natsume und cha-ire im karamono-Stil. Selten etwas anderes. Und ich bin mir an dieser Stelle nicht mal sicher, ob die cha-ire in Japan gefertigt werden oder tatsächlich aus China stammen. Da stellt sich die Frage, ob in Teeschulen, cha-ire, die keine Lackwaren sind und auch nicht dem karamono-Stil entsprechen, überhaupt berücksichtigt werden. Falls nicht, würde es erklären, weshalb diese von Keramikern so selten hergestellt werden: es fehlt einfach die Nachfrage. Aber vielleicht täuscht mich auch meine Erfahrung und jemand kann dazu noch etwas Erhellendes beitragen.

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vor 16 Stunden schrieb luke:

Ich finde solche Pauschalaussagen wie die von Sadler schwierig

Ich habe dies schon an mehreren Stellen vernommen, selbstverständlich aber nicht aus Primärquellen und ich will nicht ausschliessen, dass wie so oft der eine dem anderen abgeschrieben hat.. ;) Sicherlich aber ohnehin nur eine Richtschnur, welche - wie erwähnt - heute auch nicht mehr aktuell sein muss. Ursprünglich waren ja karamono per se favorisiert, insofern gilt dies für die Chawan ebenso wie für die Chaire. Auch haben selbstverständlich die Vorbesitzer und/oder Erschaffer einen ebenso grossen Einfluss auf den Preis. Ein Chashaku einer einigermassen bekannten geschichtlichen Figur kostet auch heute noch schnell über EUR 5k. Diese zwei Aspekte muss man daher wohl ausblenden. Auch kann man sich fragen, ob ein rein monetärer Massstab angesetzt wurde. 

vor 16 Stunden schrieb luke:

Denn ich würde behaupten, dass viele, die nicht Tee in einer Schulrichtung praktizieren auf eine Natsume oder Cha-ire verzichten können.

Ein valabler Punkt. Allerdings würde ich erwarten, dass Schalen über EUR 1k für den Gelegenheitstrinker ohnehin relativ schnell uninteressant werden, so dass höherpreisige Stücke in der Regel dort einen Platz finden, wo mitunter auch praktiziert wird. Eine zweite Gruppe dürften jene bilden, welche generell japanische Keramiken sammeln. Da hast du als vernetzter Händler aber sicherlich ein besseres Gefühl. 

vor 16 Stunden schrieb luke:

Und ich bin mir an dieser Stelle nicht mal sicher, ob die cha-ire in Japan gefertigt werden oder tatsächlich aus China stammen.

Ich stosse immer wieder mal auf japanische Künstler, welche selbst produzieren, dies i.d.R. im hochpreisigen Segment. Auch bei diesen Künstlern überwiegen Chawans aber sowohl mengenmässig als auch preislich. Bei antiken Stücken hält ich der Preis für gute Stücke m.E. jedoch etwa die Waage, auch wenn Chawans in der Oberklasse klar teurer sind. 

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Am 7.2.2022 um 11:59 schrieb luke:

Die Frage ist nicht unberechtigt, denn es gibt im Handel Matchaschalen für unter 20 EUR pro Stück. Wieso kosten dann einige Exemplare gleich mehrere hundert oder gar tausend Euro?

Eigentlich ist die Frage im Wesentlichen ja in zwei Sätzen zu beantworten:

- Grundsätzlich, was wohl bei aller asiatischer Keramik gilt; je berühmter und/oder hochdotierter der Künstler, desto vergleichsweise teurer, und dies exponentiell, je älter sie sind (die Zeit nach dem Tod zählt fortlaufend).

- Mit der einen Besonderheit bei Chawan, dass je näher der Töpfer mit der Rikyû-Familie verwandt ist, desto gesuchter und ebenfalls entsprechend teurer.

Ich hatte schon Töpfermeister-Schalen in der Hand, die optisch austauschbar waren, aber weil der Töpfer der einen Schale einen näheren Verwandtschaftsgrad mit der Rikyû-Familie aufwies, kostete dessen Schale das Mehrfache.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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vor 17 Minuten schrieb GoldenTurtle:

und dies exponentiell, je älter sie sind (die Zeit nach dem Tod zählt fortlaufend)

Während dem ersten Teil durchaus zuzustimmen ist, sehe ich den zweiten eher kritisch. Soweit meine Erfahrung reicht, sind ältere Stücke oftmals sogar günstiger zu haben als neuere (mitunter ein Grund, wieso ich i.d.R. alte Stücke erstehe). Der Preis sinkt zwar primär bei älteren Stücken aus unbekannter Hand, aber dies gilt m.E. oft auch für Stücke namhafter Künstler. Nehmen wir dein Beispiel der Chawans der Raku-Familie: Eine (authentifizierte) Schale des Raku-Head Ryonyu aus dem späten 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert ist bspw. wesentlich günstiger zu haben als ein Stück des aktuellen Raku-Head Kichizaemon XV. Die Preise variieren je nach Generation sehr stark. So kommt es, dass auch die Preise von vielen zeitgenössischen Künstlern (nicht mal spezifisch Raku) mitunter viel höher liegen als jene antiker Schalen aus der direkten Raku-Linie. 

Wenn man sich die Nationalschätze ansieht, so entfällt auch ein guter Anteil auf Stücke, welche keinem bestimmten Künstler zuzuordnen sind. Kunstwerke mit dem "eigenen Namen" zu versehen, ist historisch gesehen auch eher ein neueres Phänomen (hat sich für Japan irgendwo in der Edo-Periode zum Standard entwickelt, meinte ich). 

vor 37 Minuten schrieb GoldenTurtle:

- Mit der einen Besonderheit bei Chawan, dass je näher der Töpfer mit der Rikyû-Familie verwandt ist, desto gesuchter und ebenfalls entsprechend teurer.

Raku-Schalen haben - in erster Linie Sen no Rikyū "sei Dank" - sicherlich eine Sonderstellung. Aber ich glaube, man darf dies auch nicht überschätzen. Wenn man vom Raku-Head absieht, dann ist der Raku-Bonus wohl auch relativ schnell verspielt und man tritt mit anderen etablierten Künstler direkt in Konkurrenz. 

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vor 19 Stunden schrieb theroots:

Der Preis sinkt zwar primär bei älteren Stücken aus unbekannter Hand

Das würde ich diesbetreffend unbedingt fett markieren und doppelt unterstreichen ... die gesamte Gourmet-Welt, egal ob es sich um alte Wein-, Tee- oder Keramikschätze handelt, wurde dermassen mit Fälschungen übersättigt, dass die Käufer langsam zurückhaltend geworden sind ... aber wenn so etwas aus diesen Kreisen selbst, will meinen aus deren eigenem Besitz versteigert werden würde, dann würden die Preise gewiss ein Vielfaches erreichen, als wenn irgendein Neffe auf dem Speicher seiner Oma wiedermal ein antikes Stück gefunden hat.

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War etwas offen formuliert. Meinte mit "aus unbekannter Hand" eher von einem nicht bekannten Künstler (weil er sich nicht auf dem Objekt verewigt hat oder nicht identifizierbar weil er nirgendwo verzeichnet ist). Hier sind antike Stücke oft günstiger zu haben als zeitgenössische.

Aber klar, wenn bei Objekten, welche bekannten Künstlern zuordenbar sind, die Provenienz nicht nachvollzogen werden kann, schlägt sich dies stark auf den Preis nieder. Raku-Ware und Stücke von Ōtagaki Rengetsu sind für mich was Keramik aus Japan betrifft zwei klassische Bespiele. Zu jedem Zeitpunkt findet man unzählige Angebote hierzu, aber nur bei einem Bruchteil würde ich die Authentizität überhaupt in Betracht ziehen. Der Rest ist "in deren Art" produziert, was in Japan ja lange gang und gäbe war. 

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vor 2 Minuten schrieb theroots:

Meinte mit "aus unbekannter Hand" eher von einem nicht bekannten Künstler (weil er sich nicht auf dem Objekt verewigt hat oder nicht identifizierbar weil er nirgendwo verzeichnet ist). Hier sind antike Stücke oft günstiger zu haben als zeitgenössische.

Gut, aber das stimmt ja vollkommen mit meiner vorgängigen Formulierung überein:

vor 21 Stunden schrieb GoldenTurtle:

je berühmter und/oder hochdotierter der Künstler, desto vergleichsweise teurer, und dies exponentiell, je älter sie sind (die Zeit nach dem Tod zählt fortlaufend

 

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Wie gesagt, beim ersten Teil des zweiten Zitats würde ich dir durchaus beipflichten, den Zusatz " [..]und dies exponentiell, je älter sie sind [..]" sehe ich hingegen eher kritisch. ;) 

Konkret: Eine authentifizierte Chawan der 9. Raku-Generation (rund 200 Jahre alt) bekommst du teilweise schon unter EUR 4k. Bei diesem Preis fängt das Angebot bei vielen weniger bekannten zeitgenössischen Künstlern hingegen erst an. Ebenso wird sich der Raku-Head wohl kaum mit EUR 4k zufrieden geben. Daher habe ich den Eindruck, dass primär der Name bzw. das Prestige (oder wenn man es positiver formulieren möchte: das Können) des Künstler für den Preis massgeblich ist, so dass das Alter - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle spielt. 

 

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vor 4 Stunden schrieb theroots:

beim ersten Teil des zweiten Zitats würde ich dir durchaus beipflichten, den Zusatz " [..]und dies exponentiell, je älter sie sind [..]" sehe ich hingegen eher kritisch. ;) 

Der zweite Teil des Zitats gilt doch nur, wenn der erste Teil erfüllt ist!
Nur wenn der Künstler berühmt und/oder hochdotiert ist, dann werden die Stücke exponentiell teurer, je älter sie sind (was aber wiederum auch nur bei vertrauenswürdigen Quellen gilt - diesbetreffend war dein Kommentar eine wichtige Ergänzung)!

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Am 14.2.2022 um 14:33 schrieb GoldenTurtle:

Eigentlich ist die Frage im Wesentlichen ja in zwei Sätzen zu beantworten:

, dass je näher der Töpfer mit der Rikyû-Familie verwandt ist, desto gesuchter und ebenfalls entsprechend teurer.

Das Thema Raku ist ein Spezialthema an sich, das ich bereits ausgiebig kritisch im Blog besprochen habe, aber natürlich an anderen Stellen. Dazu gehört auch der Gründungsmythos, der sich auf Rikyû bezieht. In diesem Blogartikel ging es auch viel mehr um zeitgenössische Keramiken von lebenden Keramikern, wofür ich mich eines historischen Rückblicks bedient habe.

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