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Mysteriöse Yixing(?)-Kanne


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Hallo liebes Forum,

am Anfang meiner Teetrinker-Karriere vor mittlerweile fast zehn Jahren hab ich eine Zeitlang wie verrückt alles mögliche Zubehör eingekauft. Das Interesse am Tee schlief wieder ein, und vieles davon ist benutzt auf den Dachboden meiner Eltern gewandert. Da wohne ich schon lange nicht mehr, aber im Rahmen meiner persönlichen Tee-Renaissance, die vor ca. einem Jahr begann und im Rahmen derer ich auch das Forum hier finden durfte, entdecke ich Stück für Stück Sachen wieder. Als ich nun also das Bedürfnis nach Yixing-Kannen zu verspüren begann, fiel mir ein dass ich ja noch welche rumliegen hab. Ein Telefonat nach Hause, und sie wurden mir eingepackt und geschickt.

Nun hab ich da einige Stücke gefunden, die recht genau dem entsprechen was ich von einer Yixing-Kanne jenseits des Ramschbereichs, aber diesseits des Schmuckstückbereichs erwarte: Bräunlicher Ton, eher dicke Wandstärke, simplere Formen. Ein Foto davon ist am Ende des Beitrages zu sehen.

Darunter ist aber eine Kanne die allem widerspricht was ich sonst so kenne. Diese kleine Entdeckungsreise möchte ich gerne mit euch teilen, und euren sachkundigen Beurteilungen unterwerfen.
 

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Dass sie mit goldenen Schriftzeichen bemalt ist hat mich zunächst erwarten lassen, dies sei Deko-Kram. Aber eine nähere Begutachtung weckte die Hoffnung, das Teil könnte durchaus was taugen.

Einmal fällt auf, dass alles sehr gut passt und auch kleine Details schön ausgearbeitet sind. Der Deckel sitzt famos, die Kugel auf selbigem thront auf einem kleinen Sockel. Die Schriftzeichen sind eingekratzt und dann ausgemalt, nicht nur aufgepinselt. Das muss doch mit der Maschine gemacht sein, wäre doch viel zu teuer, das alles in Handarbeit zu machen?

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Der Fokus sitzt nicht ganz, dennoch sollte man die "Drehringe" erkennen. Die sind sehr deutlich im Inneren des Deckels zu erkennen. Ist das eine maschinelle Herstellungstechnik? Gegossen ist die Kanne schonmal nicht, kann vielleicht aufatmen.

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Die klassische Linie von Ausguss, Deckelrand und Griff wird eingehalten.

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Der Boden und auch der Henkel tragen einen Stempel. Der am Boden hat nur zwei Schriftzeichen, die dafür von zwei Drachen begleitet werden.

Dazu wurde jedoch noch von Hand "wer das liest ist doof" auf Chinesisch dazugekratzt. Muss das was heißen? Ich weiß es nicht. Es sieht aber nach zusätzlicher Mühe aus!

Ein großer Meister hat da jedenfalls nicht signiert, die Kanne hat definitiv unter hundert Euro gekostet. Aber Billigzeug hab ich darmals auch nicht gekauft.

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Am Auffallendsten ist der mir völlig unbekannte Ton. Die Wandstärke ist wesentlich geringer als bei meinen anderen Kannen, und wenn man den Deckel herauszieht oder dreht entsteht ein regelrecht metallisch-hohes Geräusch, das sogar nachschwingt. Ausserdem glitzert es vernehmlich, besonders wenn Wasser draufkommt.
Mit heißem Wasser aufgewärmt riecht es nur nach heißem Stein. Meine Befürchtungen, einen chemischen Geruch zu vernehmen, sind erstmal nicht eingetreten. Den goldenen Schriftzeichen traue ich dennoch nicht!

Aber Dekokram brauche ich nicht, die Kanne soll sich im Einsatz bewähren, sonst geb ich sie weg.

Für Pu hab ich schon Kannen, und an Oolong trinke ich sonst vor allem Dan Cong. Also ein paarmal mit heißem Wasser ausgespült und dann auch schon ohne weitere Verzögerung einen 2010er Huang Zhi Xiang, nachgeröstet in reichlicher Dosierung eingefüllt. Ein schöner Tee, der aber kein Vermögen gekostet hat und einen Verlust verschmerzen ließe.

Zu meiner Verblüffung kommt der aber auf Anhieb sehr gut raus. Fast schon zu gut! Meine Skepsis erwacht neu, da die Kanne kaum Aroma wegzunehmen scheint. Ich habe schon reichlich dosiert, aber der Tee kommt weniger astringent und bitter, dafür fülliger, mit einem samtigen Mundgefühl rüber, wo er im Porzellan sonst immer etwas zu scharf, kantig, unharmonisch war. Das ist schon wieder so seltsam. Die Kanne steht seit Jahren herum, aber wurde noch nie benutzt. Ich hätte erwartet dass sie erstmal den Großteil des Aromas schluckt!
Vielleicht ist das metallische Geräusch ein Indiz für eine hohe Brenntemperatur und einen dichten Ton? Vielleicht ist es aber auch schlichtweg garkein echter Zisha, kein wirklich poröser Ton, der den Tee somit kaum beeinflußt? Aber wenn das Material minderwertig wäre, dann würde der Tee doch nicht so gut rauskommen. Wenn ich doch bloß mehr Ahnung hätte! :lol:

Ich denke aber dass ich einen Totalausfall dann doch erkennen würde, denn der Tee ist wirklich nicht übel, besonders für den Anfang. Wenn ich Glück habe und die Kanne sich noch entwickelt, könnte das ein toller Kandidat für die Phönix-Stripper werden.

Dies sind noch meine "normalen" Kannen, die für Pu (vorne Sheng, hinten Shu) hergenommen werden. Man sieht es vielleicht auf dem Foto nicht so gut, aber die vordere ist in den letzten Wochen mit häufigem Gebrauch deutlich nachgedunkelt und glänzt auch mehr als am Anfang. Sie wirken jedenfalls beide viel plumper und simpler.

Die hintere hab ich für einen Fuffziger beim damals örtlichen Teehändler bei einer Verkostung gekauft, von der vorderen weiß ichs nicht mehr.

Die Verarbeitung, die Ästhetik, das Material - alles ist da ganz anders.

Auch die Geräusche sind viel dumper, da schwingt nicht viel, die Teile sind wesentlich schwerer.

Hatte das ein paarmal mit den damals angesagten grünen Oolongs versucht. Aber da wurde so viel Aroma absorbiert dass ich die schnell eingemottet habe.
Erst als ich vor einigen Monaten mit Pu-Erh angefangen habe, hab ich mich daran erinnert dass da dicke Wände hilfreich sein sollen, um eine hohe Temperatur zu halten.
Also die vordere Kanne ausgepackt und für Shengs benutzt. Hat auch nicht besonders lange gedauert bis die Ergebnisse spürbar besser geworden sind und dann auch Porzellan hinter sich gelassen haben.
Der Unterschied ist ein bisschen wie wenn man zuerst analytische Lautsprecher hat, die jedes Detail korrekt wiedergeben, aber langfristig einfach anstrengend und kalt sind, und dann zu wärmer abgestimmten Tönern wechselt, die vielleicht beschönigen aber insgesamt ein viel angenehmeres, samtigeres Hörerlebnis ermöglichen. Die hintere Kanne ist auch heute erst gekommen und wird hoffentlich mit Shus das Selbe tun. Aber es ist echt bestechend wie unterschiedlich diese Dinger sind, im Vergleich zu der mysteriösen schwarzen Schönheit. Sie wirken fast schon grobschlächtig, was aber irgendwie auch gut zu den erdigeren, natürlicheren Shus passt.

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Der Glitzerton, die goldenen Zeichen, die fieseligen Details  :wub:  - das entspricht irgendwie auch viel mehr der Ästhetik eines parfümiert-orchideenhaften Dan Congs.

Wow.. das ist jetzt lang geworden. Ich bin gespannt was ihr sagt! Ihr könnt da sicher meine fasziniert-unschuldigen Erfahrungen ein bisschen in Relation setzen.

Bearbeitet von miig
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Hallo miig,



bei der erstgenannten Kanne bin ich mir fast sicher, dass das ein taiwanesisches Produkt ist. Deutet für mich alles darauf hin. Ich mag die. Sind so herrlich verspielt im Design. Der verwendete Ton vermag durchaus den Tee auf angenehme Art zu beeinflussen. Ich würde sie auf jeden Fall behalten.


Zu den anderen beiden kann ich nur sagen, dass es sich bei dem Design um ein sogenanntes "modernes Design" handelt. 


Andere können zu den Kannen sicherlich mehr sagen.


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