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Koreanischer Balhyocha bzw. Hwangcha


seti17

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Koreanischer Balhyocha - eine kleine Einführung:

Ich möchte zum einen hier eine besondere Teesorte, den koreanischen Balhyocha, vorstellen und dann im Anschluss einen Vertreter dieser Sorte verkosten und näher beschreiben. Dieser Text stellt für mich eine vorläufige und stark gekürzte Fassung dar, wird später ggf. auch hier im Forum ergänzt.

Koreanischer Balhyocha lässt sich eigentlich nicht in eine Kategorie des uns geläufigen Systems aus Tees von weiß über gelb, grün, blau (Oolong), rot (westlicher "schwarzer" Tee) zu schwarz (postfermentiert) einordnen. Sowohl von der Herstellung als auch vom Geschmack her ist er eigenständig. Händler sortieren diesen Tee daher unter verschiedenen Kategorien ein, oft unter Schwarztee (i.S.v. Hongcha). Viele Blogger gehen meist ähnlich vor.

Es gibt keine standardisierte Herstellungsmethode von Balhyocha und der genaue Ablauf ist oft im hohen Maße intuitiv und variabel, u.a. auch den aktuellen Witterungsbedingungen und der spezifischen Lage unterworfen, sowie den individuellen Präferenzen der verarbeitenden Teemeister. Oft findet man die Balhyocha-Produktion so zusammengefasst: Withering -> Rolling -> Heaping -> Drying. Allerdings wird zum einen manchmal unter "Heaping" leicht Unterschiedliches verstanden und zum anderen ist wie erwähnt der gesamte Herstellungsprozess oft ziemlich variabel.

Wegen gewisser Parallelen zur Herstellung von chinesischem Gelben Tee sowie der oft gelben Aufgussfarbe* wird Balhyocha manchmal auch als Hwangcha, gelber Tee, bezeichnet, wobei nicht jeder Balhyocha automatisch Hwangcha ist und Balhyocha ist aber eben nicht identisch mit dem chinesischen Gelben Tee. Zu diesem Punkt - Balhyocha vs. Hwangcha - findet man sehr viele unterschiedliche Aussagen, die sich z.T. auch etwas widersprechen. Die Bezeichnung Hwangcha scheint auch seltener zu werden, man kommt stellenweise etwas davon ab, nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen Verwirrung. Ich werde nicht weiter auf diese Details hier eingehen und belasse es im Folgenden bei Balhyocha.

*Wobei die meisten Balhyocha, die ich selbst getrunken oder gesehen habe, oft  dunkler waren im Aufguss, teilweise sehr dunkel. Man darf allerdings nicht vergessen, dass der Oxidationsgrad bei Balhyocha sehr variabel ist, und dieser schlägt sich natürlich auch in der Aufgussfarbe nieder.

Ich habe versucht, die Einteilungen und verschiedenen Bezeichnungen zu Tee im Koreanischen zusammenzufassen, was nicht so ganz einfach war. Nach einiger Recherche und Nachfrage also:

Bul bal hyo cha ( 발효차) - nicht-/unoxidierter/fermentierter Tee, wie z.B. Nokcha, grüner Tee. Meist findet sich die Übersetzung mit "fermentiert", es ist allerdings eine Oxidation gemeint. Das alte, leidige Dilemma also.            
Bal hyo cha (발효차) - generischer (Ober-)Begriff für "oxidierte" Tees.         
Bu bun bal hyo cha (부분발효차) - teilweise oxidierter Tee, Oxidationsgrad <15%. Bakcha, koreanischer weißer Tee, fällt den meisten Quellen zufolge in diese Kategorie.

Ban bal hyo cha ( 발효차) - halb-oxidierter Tee, meist um 60%.   
Wan jeon bal hyo cha (완전발효차) - "perfekter, vollständiger Balhyocha"; entspricht Hong Cha, Oxidationsgrad >/= 85%.           
Hu bal hyo cha (후발효차) - fermentierter, dunkler Tee, wie Heukcha (흑차). Pu wird im Koreanischen übrigens als Boi (보이) bezeichnet.

Der Oxidationsgrad von Balhyocha kann irgendwo zwischen 15 und 100% liegen, soweit ich herausfinden konnte liegen die meisten Tees zwischen 70 und 90%. Die Bezeichnung "Paryocha" beruht lediglich auf einer anderen Lateinisierung von발효차, meint also dasselbe.

Übersicht der Balhyocha-Herstellung und Beschreibung der einzelnen Vorgänge:

1. Withering/ Welken: dies geschieht entweder in der Sonne oder im Schatten; manchmal wird auch beides kombiniert.

2. Rolling & Shaping &/ Rollen & Formen: der Tee wird auf einer Fasermatte gerollt. Dabei liegt die aufgewendete Kraft und der auf das Blattmaterial ausgeübte Druck zwischen dem von grünem Tee und roten/schwarzen Tee. Es findet eine leichte (An-)Oxidation statt, aber dadurch, dass die Blattzellen nicht so stark aufgebrochen werden wie bei schwarzen/roten Tee und durch die andersartige Reaktionszeit ist diese nicht vollständig.

3. Drying/ Trocknen: hierzu wird der Tee auf einen von unten beheizten Fußboden, den sogenannten Ondal (은돌) gelegt und getrocknet. Der Ondal ist eine typische Ausstattung vieler koreanischer Häuser.  Manche Teemeister erhöhen die Temperatur in den letzten Stunden der Trocknung, andere unterziehen den Tee zusätzlich einer leichten Röstung. Manchmal wird auch mittels sehr intensiver Sonneneinstrahlung getrocknet. Das o.g. Heaping würde auch hierunter fallen.

Optional 4. Storage/ Lagerung: Es kann sich noch eine Lagerung in Onggi (옹기) anschließen; Tongefässen aus einem eisenhaltigen, porösen Ton, welche zur Produktion verschiedener fermentierter Lebensmittel, wie z.B. Kimchi, benutzt werden. Die Dauer liegt dann meist um 100 Tage und dient der Vertiefung des Geschmacks.

Einsatz und Verwendung von Ondal und Onggi bei der Teeproduktion machen diese Tees typisch koreanisch.

Meist werden Jungjak-Blätter (중작) verwendet, junge Blätter, je nach Einteilung (s.u.) auch noch mit Knospen. Seltener werden Ujeon oder Sejak benutzt, da diese zumeist zu grünem Tee, Nokcha (녹차), verarbeitet werden.

Hier noch einmal die koreanische Einteilung der Blattgrade und der Erntezeitpunkt in Übersicht:

Die Einteilung folgt einer in ganz Ostasien gebräuchlichen lunisolaren Kalendereinteilung mit 24, jeweils ungefähr zweiwöchigen, saisonalen Einteilungen; eine Übersicht findet man zusätzlich hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Solar_term

Der Suffix "-jak" leitet sich von der Hanja-Bezeichnung (sozusagen das koreanische Pendant zu den japanischen Kanji, beruht auf chinesische Schriftzeichen) für Schwalbe ab, daher auch diverse Namen, die swallow's tongue usw. beinhalten.

Ujeon (우전) – “wu/woo” = Regen, “jeon” = vorher, bevor   
Der Name bezieht sich auf den Zeitpunkt der Pflückung, welches vor dem ersten Regen (Gogu/ Gokwoo, 곡우) im Frühling stattfindet, ca. 20./21. April. Gokwoo ist der 6. Abschnitt der lunisolaren Jahreseinteilung und reicht vom 20./21. April bis ca. 5. Mai. Die Bezeichnung bedeutet "Saat-Regen".

Die Bezeichnung Ujeon ist zumeist der allerersten Pflückung und nur aus feinsten Knospen bestehend vorbehalten. Eigentlich eine Art Sonderklasse des Sejak.

Sejak (세작) – “se” = klein, dünn      
 Die Pflückung erfolgt während Gokwoo, bis hin zum Beginn von Ibha. Sejak entspricht ungefähr First Flush, Knospe und zwei junge Blätter werden geerntet.

Ibha, 입하, Frühling bzw. Beginn des Sommers. Ibha reicht als 7. Abschnitt ca. vom 6. Mai bis ca. 20. Mai.

Jungjak (중작) – “jung” = mittel, dazwischen

Keine Knospen mehr, sondern junge Blätter. Natürlich hängt es auch von der jeweiligen Witterung ab und der jeweiligen Wachstumsgeschwindigkeit des Tees ab, die Ernte der einzelnen Blattgrade kann selbstverständlich auch früher oder später beginnen und enden. Wie so oft sind auch die Bezeichnungen teils nicht streng definiert.

Ernte während Ibha bis hin zu Soman, 소만, welches den 8. Abschnitt bezeichnet und vom 21. Mai bis ca. 6. Juni dauert.

Daejak (대작) – “dae” = groß

Ernte während des gesamten Sommers (haji), bestehend aus voll entwickelten Blättern. Die Ernte erfolgt, wo dies möglich ist, oft maschinell. Dann können auch kleinere Zweige enthalten sein.

Haji, 하지, der 10. (!) Abschnitt (Mittsommer) reicht bis in den Juli hinein; davor findet sich Mangjong, 망종, ca. 6. bis 21. Juni. Dies ist die Periode in dem das Korn Ähren ausbildet.

Hier: http://www.teetalk.de/topic/4884-jeong-jae-yeuns-balhyocha-2014/#entry60098

findet man den Verkostungsbericht. Ich fand es doch etwas viel und habe mich daher entschlossen, dies mehr als allgemeine Einführung ins Thema gesondert ins Forum zu stellen und habe so auch etwas das Dilemma umgangen, in welches Unterforum ich diesen eigenwilligen Tee ich einordnen soll. Ich hoffe, es ist OK, wenn ich mich für zwei verschiedene Kategorien entschieden habe :)

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Tolle Einführung, Seti. Hut ab für die viele Arbeit, die Du dir da gemacht hast. Dieser Text hier und der zugehörgie Verkostungsbericht machen Lust auf mehr.


Koreanische Tees habe ich noch gar keine versucht. Gerade diese Spezialität hört sich für mich höchst interessant an,....



Es gibt noch so vieles in der Welt des Tees zu entdecken,... ;)


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Tolle Einführung, Seti. Hut ab für die viele Arbeit, die Du dir da gemacht hast. Dieser Text hier und der zugehörgie Verkostungsbericht machen Lust auf mehr.

Koreanische Tees habe ich noch gar keine versucht. Gerade diese Spezialität hört sich für mich höchst interessant an,....

Es gibt noch so vieles in der Welt des Tees zu entdecken,... ;)

Danke dir. Ja, es hat sich so einiges an Material angesammelt, dies ist ein kleiner Ausschnitt davon.

Einen Ausflug auch in die Welt der koreanischen Tees zu unternehmen ist eine gute Idee IMO :) Meinen Beobachtungen nach werden die schon etwas mehr angeboten mittlerweile - jedenfalls mehr als noch vor wenigen Jahren.

Mir gefallen deine Berichte auch sehr gut seti.Vorallem die Hintergrundinfos,top!Lese gerne deine Berichte.

Edit : Die Figur,ist das ne Katze?Erinnert mich an Bengalkatzen!

Danke schön, das freut mich!

Ja, eine Katze, aber ob es sich um eine besondere, Mythologie-behaftete Form oder ein geister- oder dämonenhaftes Tier o.ä. handelt weiß ich nicht. Soll als Schutztier in Tempeln eingesetzt werden m.W.n.

Wobei, wenn man darüber nachdenkt, wird es wohl eher ein Tiger sein - da passt allerdings eine Bengalkatze ganz gut, oder?

Bearbeitet von seti17
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