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Angeregt durch Beiträge zur Tee-Zubereitung nach Gong Fu Cha und die (mir so erscheinende) Fixierung einiger Forenmitglieder auf eine bestimmt festgelegte Zubereitungsform (z.B. festgelegter Ablauf: Waschgang, Wecken des Tees; festgelegte Ziehzeiten der einzelnen Aufgüsse mit der Stoppuhr kontrolliert, etc.), habe ich mich dazu entschlossen dieses Thema zu eröffnen.

Da es mir hierbei mehr um die körperliche Erfahrung des Tai Chi und die Auswirkungen der Durchführung von Gong Fu Cha in der alltäglichen Praxis der Tee-Zubereitung geht, hab ich dies Thema auch nicht in der Plauderecke erstellt.

Ich hatte mal einen Grundkurs in Tai Chi (nicht die Kampfkunst Form) in der Volkshochschule belegt. Beim Erlernen der Teezubereitung nach Gong Fu Cha (also quasi Gong Fu Cha ohne Gäste) merkte ich, dass ich automatisch die Körpererfahrung, die ich in diesem Tai Chi Kurs gemacht hatte, meiner Ausführung der Gong Fu Cha zugrunde legte. 

Wind, Wasser, dahinziehende Wolken, fleißende Bewegungen und dadurch bedingt auch ein fleißender Geist (Geisteshaltung).

Die Ausgangsstellung, die wir in diesem Kurs erlernt hatten, und mit der jede Unterrichtsstunde begann, war entscheidend für die Ausgangsstellung, die ich im Geiste vor jeder Tee-Zubereitung nach Gong Fu Cha einnehme. Beginnend mit der Auswahl des Tees, weiterführend mit der Abwage, der Inaugenscheinnahme des Tees und immer wieder schnuppern und beäugen um die weitere Vorgehensweise abschätzend zu bestimmen. Kein Dogma, keine Festlegung - Eine fließende Entscheidungsfolge mit kleinen Zwischenstopps der Prüfung der vorangegangenen Entscheidung über den Tee selbst (probiere den Tee und entscheide die Art und Weise des nächsten Aufgusses).

Die Ausgangsstellung: Die Füße in Schulterbreite auseinander, die Füße selbst leicht nach außen gedreht, die Knie leicht eingeknickt (aber nicht über die Fußspitze hinaus),so dass eine federnde Bewegung möglich wird, den Kopf fest "gegen den Himmel gedrückt", die Füße fest "gegen die Erde gedrückt".
Die Haltung der Arme und Hände hab ich leider vergessen. Arme leicht angewinkelt am Körper, die Handflächen drücken gegen die Erde, so hab ich es noch in Erinnerung. 
Aus dieser Ausgangsstellung ist jeder weitere Bewegungsablauf möglich. Weitere Bewegungsabläufe sind eine Reaktion auf das, was einem gerade begegnet und worauf eine Reaktion erforderlich ist. Auf Gong Fu Cha bezogen, ist die weitere Art und Weise der Teezubereitung eine Reaktion auf den gerade verköstigten Aufguss.

Ich kann einen Grundkurs in Tai Chi nur empfehlen um sich mit dieser körperlichen Erfahrung auf Gong Fu Cha einzulassen. Das erhöht das Verständnis des Tees und Gong Fu Cha Methode, denselben zu zubereiten. 

Soweit meine Sichtweise.

Wer von Euch hat praktische Erfahrung mit Tai Chi in jedweder Form (Schule) und praktiziert Gong Fu Cha und kann von seinen Erfahrungen der Verquickung von Beidem hier berichten?

 

____________________________________ Anhang________________________________________

Verweis auf: Tai Chi-Teehaus, Stuttgart 

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Meine ersten Gehversuche im Taiji fingen kurz nach meinen ersten Tee-Erfahrungen an. Meine Körpererfahrung wurde davon komplett umgestellt und ist jederzeit im Alltag bemerktbar; von den fast verschwundenen Rückenschmerzen bis hin zum Gleichgewicht und vielem mehr. Daher ist es für mich schwer abzugrenzen, wie es bei mir Gong Fu Cha beeinflusst. Schließlich hat sich Gong Fu Cha bei erst gerade angefangen zu entwickeln, als ich Taiji angefangen habe. Aber ich würde sagen, körperlich gesehen ist der Einfluss eher gering. Grader Rücken, Schulter nicht nach vorne gekippt, das wars dann auch schon. Schließlich sitze ich beim Gong Fu Cha fast immer.

Innerlich ziehe ich da deutlich mehr Parallelen. Sowohl beim Taiji als auch beim Gong Fu Cha bin ich voll und ganz im hier und jetzt. Kaum Gedanken an Zukunft und Vergangenheit. Es fällt mir dabei so leicht wie sonst nirgends einfach nur den Moment achtsam zu erleben. Entspannt aber zugleich konzentriert.

@Charyu Die Haltung von Armen und Händen kann ich dir gerne beim nächsten Treffen in Erinnerung rufen. Hab im Chen-Stil gelernt, aber da das Prinzip überall gleich ist, sollte das kein Problem sein.

@Cha-Shifu Sobald man in einer Runde sitzt und gemütlich Quatscht, ist das bei mir auch sofort dahin mit dem sauberen Bewegungsablauf. Wenn ich jedoch nur damit beschäftigt bin den Tee zuzubereiten, fällt das deutlich leichter.

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  • 10 Monate später...

Meine im Mai gefundene Begeisterung für Taijiquan hatte (anders als von meinen Vorrednern berichtet) einen negativen Einfluss auf meine Tee-Sessions ... zur Zeit ist einfach mein Fokus viel mehr beim Taiji als beim Tee, weshalb ich auch in letzter Zeit so selten im Forum war.

Einen sehr vorteilhaften Effekt auf meine Teeleidenschaft habe ich aber doch schon bemerkt: durch bessere Körperwahrnehmung kann ich tatsächlich jetzt schon besser Sachen auffangen bzw ins Rutschen geratene Keramik noch einfangen. Hat mir schon einen Gaiwan und ein Kännchen gerettet. :)

Für diejenigen unter Euch, die sich dafür interessieren: ich bin in einer Schule gelandet, wo recht altmodischer Yang-Stil unterrichtet wird mit der 108er-Form. Unsere Lehrer wirken toleranter gegenüber fremden Stilen (Chen, Wu, Wudang) als den Verkürzungen wie die Pekingform, die wohl aus dem Yang-Stil kommt aber recht "zusammengestutz" sein soll. Ich bin noch viel zu neu dabei, um mir ein Urteil zu erlauben, also bleibe ich einfach bei dem, was meine Lehrer vermitteln ... denn sie schaffen es, mich eingefleischten Sportmuffel zu motivieren.

Bei uns sieht es ungefähr so aus wie in diesem Video aus Stuttgart, wobei ich erst bis 3:51 gekommen bin:

 

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Noch ein Nachtrag zum Thema: wie Taijiquan und Gongfucha zueinander in Beziehung stehen.

Mir ist bei Gongfucha wichtig, dass man kein Ritual oder eine Choreographie abspult, sondern sich bewusst ist, warum man welche Aktion vornimmt. Das hat etwas mit Achtsamkeit zu tun - aber auch damit, eine Tradition wirklich am Leben zu erhalten und auch im Kern weitergeben zu können.

Ebenso sehe ich das (zumindest aus meinen Anfängeraugen) beim Taijiquan: wenn ich mir nur die Abfolge merke, nicht aber die Intention der Bewegungen (Selbstverteidigung) bewusst mache, werde ich nur eine leere Choreographie abspulen.

Hier ein Beispiel aus einem (für mich) fremden Stil, wo die Bewegungen einfach nur schön aussehen. Wirkt vielleicht etwas wie Tanz ... ist in meinen Augen aber mehr.

 

So, nun gehe ich noch zu meiner täglichen Trainingseinheit.

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Zitat:  den Kopf fest "gegen den Himmel gedrückt", die Füße fest "gegen die Erde gedrückt".

Das widespricht meinen Taijiquan Erfahrungen. Denn, wenn du gegen die Erde drückst und die Erde dich zu sich zieht, was auch ein Drücken wäre, so ist dass doppelt und nicht Ausgleich. Wenn du so den Tee gießen möchtest, dann bewegst du dich gegen den Tee... dann bewegst du dich gegen die Kungfucha.

Wenn die Kraft gegen dich kommt, musst du sie aufnehmen und in die Erde wurzel und durchleiten. Wenn sich die Kraft von dir löst, bleibst du dran klebend usw... Dieser Prozess ist das entscheidende im Taijiquan und nicht wie gut sich die Form läuft. 

Das übernehme ich im Tee.

Die Kungfucha entwickelt sich und kann nicht erzwungen werden. Jeder Schritt ist eine unendliche Wiederholung und damit Überlagerung von Einzelschritten, die ich immer wieder bewege, bis sie mich durchdringen und dann meins sind. 

und so weiter...

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Am 2.11.2016 um 07:30 schrieb Paul:

Tai Chi ist gut für ältere Herren - ich hänge seit einiger Zeit in der Weberin in vier Himmelsrichtungen fest:)

Übrigens schwitzen die beiden Herren im obigen Video - kein gutes Zeichen!

Im tropischen bis subtropischen Heinan darf man auch mal schwitzen, besonders wenn man wie die Leute im Video nicht nur Tai Chi, sondern Wudang Pai macht :P

vor 3 Stunden schrieb Krabbenhueter:

Zitat:  den Kopf fest "gegen den Himmel gedrückt", die Füße fest "gegen die Erde gedrückt".

Das widespricht meinen Taijiquan Erfahrungen.

Stimmt, es müsste eher heißen: Vom Kopf wie an einem Faden aufgehangen und die Füße fest verwurzelt. Wenn mann wie im Zitat in beide Richtungen versucht zu drücken, wird man in der Mitte instabil.

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Am Anfang der Form, beim Taijiquan oder beim Tee, sitze ich und richte den Körper aus. wenn ich dann die Arme hebe oder die Teekanne, entsteht dieses Heben aus dem Boden durch die Beine ( Bei Tee durch den Stuhl ) in den Rücken, die Arme ... ein Fließen nichts gegeneinander. Mir hat mal jemand empfohlen:" die Spannungen in den Boden abschmelzen zu lassen..." Dadurch entstehen die Räume im Gewebe, Flexibilität und die Ruhe um zu hören, spüren, zu bewegen, was nötig ist...

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vor 13 Stunden schrieb Dao:

Stimmt, es müsste eher heißen: Vom Kopf wie an einem Faden aufgehangen und die Füße fest verwurzelt. Wenn mann wie im Zitat in beide Richtungen versucht zu drücken, wird man in der Mitte instabil.

... wenn ich stehe und mich in meiner Hüfte beuge, so dass mein Oberkörper locker herunterhängt, ich durch leichtes Schwingen feststelle, dass meine Muskeln entspannen, bemerke ich den Zug der Erde an meinem Kopf, durch meinen Körper, an meiner Wirbelsäule entlang, jeder Wirbel hat Raum und wird nicht auf den nächsten gestapelt...

Wenn ich stehe, habe ich genau dieses in meinen Gedanken gespeicherte Gefühl wieder da. Ich möchte den Körper also nicht nach oben stemmen sondern wie ein Gefühl des Hängenlassens nach oben aufrichten. Also von der Richtung her nach oben hin, nicht von oben herab...)

Taijiquan ist für mich dieses Abschmelzen und Sitzen und gleichzeitig das nach oben Hängen...

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