doumer Geschrieben 18. Juli 2018 Teilen Geschrieben 18. Juli 2018 Wir haben auf der diesjährigen Teezui u.a. diese beiden Tees in zwei Duchek-Schieferkännchen gegeneinander antreten lassen, um diesem "Long Process" auf die Spur zu kommen. Laut David stammen beide Tees aus dem selben Garten bei Leng Shui He, beides ein Frühjahrstee und "Long Process" definiert er als einen länger dauernden Kill-the-Green Prozess bei niedriger Temperatur. Er wurde von einem Freund vor Ort auf diese Verarbeitungsmethode aufmerksam gemacht, der folgendes sagte: "Yancha and Liubao both have heat in the processing that transforms the tea and makes it more vibrant and light, splashing up in the back of the palate with the aroma emerging from the nasal cavity after swallowing." Zusammen haben Sie das dann ausprobiert und wir das Ergebnis probiert: Bereits beim ersten Aufguss zeigt sich ein deutlicher Farbunterschied, der 2016er ist viel dunkler als der 2017er und das nasse Blatt gibt ein ganz anderes Aroma ab, als der 2017er. Auch geschmacklich zeigen sich bereits deutliche Unterschiede: der 2017er ist geschmacklich zwar sehr dezent, zeigt aber schon beim ersten Schluck sehr viel subtile Kraft, die direkt in den eigenen Körper übergeht. Der 2016er hat auch diese Kraft, allerdings weit weniger dezent – eine sehr schwere, etwas an Hongchas erinnernde Süße (aber ohne Malzigkeit wie es bei "rot" produzierten Shengs der Fall ist) und leichte Würze ist direkt vorhanden. Das Qi lässt sich natürlich nur schwer bei solchen Parallelverkostungen beurteilen, ich würde aber schätzen dass beide da gleichauf sind. Während den weiteren Aufgüssen kommt der 2017er was den Geschmack angeht deutlich später in Fahrt während der 2016er schnell zunimmt, dafür aber auch etwas früher wieder nachlässt – insgesamt aber immer deutlich kräftigere und ganz andere Geschmacksnoten bietet als der 2017er. Vor allem fällt aber auf, dass der 2016er sehr viel älter wirkt, als "nur" 1 Jahr mehr – blind verkostet hätte ich ihn locker auf 4-6 Jahre geschätzt. David schreibt dazu aber auch "the tea has aged more than expected in the past year", was ich zwar erst im Nachhinein gesehen habe, sich aber voll und ganz mit unseren Beobachtungen deckt. Super spannend wäre natürlich wenn beide Tees aus dem selben Jahr wären, da ich den 2017er direkt beim erscheinen gekauft habe und er daher 1 Jahr EU-Lagerung hinter sich hat, während der 2016er 2 Jahre Malaysia-Lagerung hinter sich hat, was zumindest bei etwas mehr Jahren einen sehr deutlichen Unterschied macht, wie der Parallelverlgeich des 2012er Bulangs von EoT gezeigt hat – dennoch ist der Unterschied zu groß, als dass man das Gefühlte Alter nur auf die unterschiedliche Lagerung und 1 Jahr älter zurückführen kann (zumindest ist das die Vermutung, denn selbst wenn der Tee aus dem selben Garten stammt kann es natürlich bei unterschiedlichen Ernten unterschiedliche Ergebnisse geben). Zusammengefasst lässt sich Folgende Vermutung äußern (denn mehr ist bei einem Vergleich mit nur 2 Tees nicht möglich): "Long Process" macht den Tee schwerer und älter – auf jeden Fall anders. Es sind beides großartige Tees, die zwar einen hohen Preis haben, dem aber auch gerecht werden. Über weitere Anmerkungen und andere Sichtweisen der werten Mittrinker würde ich mich auf jeden Fall sehr freuen – auch wenn sonst jemand mehr Infos zu dem Thema "Long Process" hat oder an anderer Stelle schon einmal darüber gestolpert ist. sehr früher Aufguss, links der 2016er Long Process, rechts der 2017er (wie man sieht haben wir sogar vorbildlich mit einer Waage gearbeitet) miig, Jeezy, Frau Mahlzahn und 2 Weitere reagierten darauf 5 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 19. Juli 2018 Teilen Geschrieben 19. Juli 2018 (bearbeitet) Als Teilnehmer diese sehr interessanten Verkostung möchte ich es nicht verabsäumen meine Eindrücke zu schildern: Beide Tees habe ich auf dieser Teezui zum ersten mal getrunken und war sehr verblüfft über die Kraft/Qi des 2017 er Guoyoulin. Kein Magengrummeln wie bei schlechten jungen Shengs, sondern nur einfach Kraft und Qi! Der 2016 er dagegen, signifikant dunkler in der Tasse und älter. Wie @doumeroben schreibt schmeckt er wie ein 4-6 Jahre gereifter Sheng. Ob das nun an dem Long Process liegt, an dem einen Jahr Unterschied, oder an dem anderen Lagerungsort kann man letztendlich nicht sagen; aber solche Vergleiche sind schon spannend. Mitgetrunken hat auch der "alte Hase" @Tobias82 und @Frau Mahlzahn Kratzfußenden Dank für sei ausdrücklich @doumerabgestattet für sein obiges Ausführliches und das hervorragende Photo (sowas machen die jungen Leute heute mit ihrem Telephon!) Bearbeitet 19. Juli 2018 von Paul doumer, Frau Mahlzahn und miig reagierten darauf 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Frau Mahlzahn Geschrieben 20. Juli 2018 Teilen Geschrieben 20. Juli 2018 @doumer & @Paul : Sehr gut beschrieben und sehr hilfreich für Anfänger wie mich. Ich kann das bei Weitem noch nicht so gut erfassen oder gar zusammenfassen, bin jedoch sehr dankbar für das Beisitzen dürfen ... ich arbeite an meiner Teeerfahrung und füttere sie begeistert mit Tee aller Art - es hilft, wenn andere ihre Erfahrung mitteilen, so kann ich meine eigenen Geschmackserlebnisse besser einordnen. doumer und Paul reagierten darauf 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 3. September 2019 Teilen Geschrieben 3. September 2019 (bearbeitet) Nachtrag zu diesem 17er von EOT ... irgendwo habe ich mich mal kritisch dazu geäussert, ich habe ein Sample vor knapp zwei Jahren davon gekriegt und war frisch etwas enttäuscht, aber, er hat sich gut entwickelt, sogar sehr gut, nachhaltig etc. Ich revidiere teilweise meine Meinung zu den neueren Shengs von David - er scheint (nun?!) eher auf eine gute Entwicklung hin zu produzieren und nicht auf ein Feuerwerk an Frischenoten. Das ist sehr erfreulich. Die Konstanz hierin hängt aber wesentlich davon ab, wie stark er Einfluss nehmen kann auf die Maocha Produktion, oder ob er wie manche einfach fertigen Maocha kauft - dann ist es eine unkonstante Lotterie und muss von Tee zu Tee neu beurteilt werden, ob ein Tee besser frisch getrunken werden sollte oder sich aber gut eignet für die Reifung. Das ist eben das Tolle, Verlässliche, wenn ein verständiger Produzent entweder bei der ganzen Produktion dabei ist (zeitaufwändig) oder aber stets mit den gleichen Bauern arbeitet und ihnen die wichtigen Arbeitsschritte vorgeben kann. Aber es wird auch gelernt, darum werden wohl auch die im Vorbeiflug zufällig gekauften und halt nur spontan gut wirkenden Maochas (das ist eben die Crux - man kann die Entwicklung so nur bedingt voraussagen) tendenziell besser - ich habe in den vergangenen 1, 2 Jahren mehreres gehört von Teebauern aus Lincang etc., die z.B. nach Yiwu gegangen sind um die saubere, korrekte® Produktion zu lernen. Bearbeitet 3. September 2019 von GoldenTurtle Zitieren Link zu diesem Kommentar
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