GoldenTurtle Geschrieben 14. Februar 2019 Teilen Geschrieben 14. Februar 2019 (bearbeitet) Aufgrund der interessanten Fragestellung des folgenden Themas möchte gerne mal mit euch diese Zusammenhänge besprechen. Vollmundigkeit vs Bitterkeit Bei ganz vielen Tees muss man wählen - entweder man trinkt ihn relativ blass und mild, oder aber vollmundig und überbittert, und versucht deshalb irgendwo dazwischen an den Parametern rumzuschrauben. Aber ein vollmundiger Tee ohne Überbitterung ist das Ergebnis von etlichen Faktoren, die alle zusammenspielen. Um ein paar zu nennen: Überpflückung, Nährstoffe des Bodens, Klima in den 2 Wochen vor der Ernte, Erntezeitpunkt selbst, sogar runter bis zur Tageszeit, wie lange es brauchte bis die gepflückten Blätter in die Weiterverarbeitung gelangten (denn da geschehen bereits in dem Stadium ungewollte chemische Prozesse in den gepflückten Blättern), über verschiedene Produktionsschritte die je nach Teesorte variieren bis zur Lagerung hat alles einen Einfluss auf die Vollmundigkeit. Wenn man jetzt beispielsweise einen schlechtproduzierten Tee, bei dem mehrere Punkte nicht stimmen, so kräftig ziehen lässt bis er vollmundig wird, überbittert er. Aber Tee ist grundsätzlich ein bitteres Getränk. Die Chinesen unterscheiden deshalb eine gute Bitterkeit von einer schlechten Bitterkeit (Ku und Se). Ein wirklich in allen Punkten korrekt produzierter Tee überbittert sogar kaum, egal wie lange man ihn ziehen lässt, aber diese sind natürlich nicht ganz günstig, denn um all diese relevanten Punkte einzuhalten ist der Aufwand um ein vielfaches höher. Aber solch ein Tee ist auch mehr ein Kunstwerk. Cheers! Bearbeitet 14. Februar 2019 von GoldenTurtle Charlie, MB77, teekontorkiel und 5 Weitere reagierten darauf 6 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Tee-na Geschrieben 8. September 2020 Teilen Geschrieben 8. September 2020 Ein Sehr interessanter Beitrag. Danke fürs teilen! Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 9. September 2020 Autor Teilen Geschrieben 9. September 2020 Am 14.2.2019 um 11:47 schrieb GoldenTurtle: Ein wirklich in allen Punkten korrekt produzierter Tee überbittert sogar kaum, egal wie lange man ihn ziehen lässt, aber diese sind natürlich nicht ganz günstig, denn um all diese relevanten Punkte einzuhalten ist der Aufwand um ein vielfaches höher. Aber solch ein Tee ist auch mehr ein Kunstwerk. Hierzu eine Anmerkung: Sheng ist insb. in jungem, unreifen Zustand streng genommen ein unfertiger Tee, der aufgrund der für Sheng verwendeten Pflanzen sehr wohl überbittern kann und für den Konsum in unreifem Zustand nur bedingt geeignet ist. Pflückgut von solchen jungen Teepflanzen kann unoxidiert/unfermentiert auf den Magen schlagen, je älter die Pflanzen jedoch werden, desto bekömmlicher werden auch deren Blätter in noch unausgereiftem Zustand. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Teefax Geschrieben 9. September 2020 Teilen Geschrieben 9. September 2020 vor 1 Stunde schrieb GoldenTurtle: Hierzu eine Anmerkung: Sheng ist insb. in jungem, unreifen Zustand streng genommen ein unfertiger Tee, der aufgrund der für Sheng verwendeten Pflanzen sehr wohl überbittern kann und für den Konsum in unreifem Zustand nur bedingt geeignet ist. Pflückgut von solchen jungen Teepflanzen kann unoxidiert/unfermentiert auf den Magen schlagen, je älter die Pflanzen jedoch werden, desto bekömmlicher werden auch deren Blätter in noch unausgereiftem Zustand. In "Puer Tea. Ancient Caravans and Urban Chic" arbeitet Zang recht deutlich heraus, dass lange Zeit nur junger Sheng in Yunnan getrunken wurde und das "Original" war. Erst starke Nachfrage Ende des 20. Jhd. insbesondere aus Taiwan machte gelagerten Puerh zum neuen Standard und jungen Sheng zum "unfertigen Tee". Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 9. September 2020 Autor Teilen Geschrieben 9. September 2020 (bearbeitet) Darüber hatten wir auch schon Debatten an Teerunden. Also Hongkong war es meiner Meinung nach ja eher, welches diese Steine ins Rollen brachte, da ihm der junge Sheng zu bitter war, aber arm, sich kaum andere Tees aus China leisten konnte (Yunnan war einfach das Billigste). So wurden Lösungen in mehreren Richtungen gesucht - Shou einerseits, sehr feuchte Lagerung bei Sheng andererseits. Dann der Sheng welcher nach Lhasa transportiert wurde, der hat auf der mehrmonatigen Reise so einiges an Wetter und Pferdeschweiss mitgemacht, was mit einer hiesigen Trockenlagerung von etwa 10 Jahren gleichzusetzen sein dürfte. Vieles ist aber nicht klar - wer weiss schon, ob vor 100, 200, 300 Jahren der Tee nach dem Pflücken nicht absichtlich etwas liegen und welken gelassen wurde, was etwas Oxidation und eine Zunahme der Bekömmlichkeit mit sich gebracht hätte - ich halte dies sogar für ziemlich wahrscheinlich. Bearbeitet 9. September 2020 von GoldenTurtle Zitieren Link zu diesem Kommentar
Charlie Geschrieben 9. September 2020 Teilen Geschrieben 9. September 2020 Oder mit Milch und Butter weicher gemacht wurde Zitieren Link zu diesem Kommentar
teewelt Geschrieben 9. September 2020 Teilen Geschrieben 9. September 2020 vor 59 Minuten schrieb GoldenTurtle: Vieles ist aber nicht klar - wer weiss schon, ob vor 100, 200, 300 Jahren der Tee nach dem Pflücken nicht absichtlich etwas liegen und welken gelassen wurde, was etwas Oxidation und eine Zunahme der Bekömmlichkeit mit sich gebracht hätte - ich halte dies sogar für ziemlich wahrscheinlich. Ich meine dazu mal etwas gelesen zu haben. Werde heute Abend recherchieren. Zitieren Link zu diesem Kommentar
GoldenTurtle Geschrieben 11. September 2020 Autor Teilen Geschrieben 11. September 2020 Am 9.9.2020 um 15:22 schrieb Charlie: Oder mit Milch und Butter weicher gemacht wurde Früher hat man in Yunnan ja nicht geschrieben, und die ältesten schriftlichen Belege sagen nichts über die Verarbeitung des Pflückguts, aber was festgehalten wurde ist, dass der Tee gekocht und mit Zimt, Ingwer und Pfefferkörnern getrunken wurde. PS: D.h. also ein Vorgänger des indischen Chai, nur ohne Milch und Honig oder sonstige Süssung. Ich weiss auch gar nicht, ob bei den Indern die Milch und möglicherweise auch die Süssung erst durch die Briten in den Tee gelangt ist. Zitieren Link zu diesem Kommentar
teewelt Geschrieben 21. September 2020 Teilen Geschrieben 21. September 2020 Am 9.9.2020 um 15:56 schrieb teewelt: Ich meine dazu mal etwas gelesen zu haben. Werde heute Abend recherchieren. Im Kapitel „Vom Theetrinken“ seines Buchs „Tee, Kaffee und Zucker in historischer, chemischer, diätischer, ökonomischer und botanischer Hinsicht“ aus dem Jahr 1800 schreibt Friedrich Ludwig Langstedt: Weder die Chinesen noch die eingebornen Japaner brauchen jemals Thee, der nicht mindestens ein Jahr aufbewahrt worden ist, weil er frisch narkotisch seyn und die Sinnen verrücken soll. (Zitiert aus dem Nachdruck des Aischines-Verlags von 2015, Seite 28) So viel zum Thema Reifung aus historischer Perspektive. Zum Aspekt der leichten Oxidation vor der weiteren Verarbeitung habe ich bisher nichts gefunden. Charlie reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
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