SoGen Geschrieben 28. März 2019 Teilen Geschrieben 28. März 2019 @TimEck's Beratungs-Thread gestern hatte mich hinsichtlich meiner eigenen Keramikgefäße doch etwas neugierig gemacht - nachdem mir klar wurde, wie wenig ich eigentlich üer die Dinger weiss, denen ich meine Oolongs anvertraue. Hat mich dann die halbe Nacht gekostet - Siegelschrift dechiffrieren ... a pain in the ass, um es anglophon auszudrücken. Mein Paris-Souvenir (der Gaiwan für Dancongs) war noch relativ simpel. Erst einmal die Gesamtansicht: ... und nochmals der Deckel: Er fasst gut 150 ml (randvoll, ohne Tee), ist also etwas für größere Hände, wenn er halbwegs elegant bedient werden soll. Glücklicherweise habe ich Handschuhgröße 9 ... Die nette ältere Dame, die ihn mir verkaufte, hatte mir bedeutet, er sei speziell für die Verwendung mit Fenghuang Oolongs gedacht - einleuchtend und auch angebracht angesichts des Reliefs auf dem Deckel, Phönix (Fenghuang) und (schwarzer?) Drache (Wulong). Jedenfalls hatte ich ihr eigenartiges Französisch in dieser Richtung interpretiert. Woraus ich dann messerscharf auf die Herkunft Chaozhou geschlossen hatte, was sich als falsch herausstellte. Die Marke stellte sich als simples 中华宜興 (China Yixing) heraus. Yixing also, vermutlich während der Kulturrevolution 1966 - 1976 produziert. Wie ich dann später herausfand, nachdem ich die zweite Marke entziffert hatte. Doch zunächst die Vorstellung deren Trägerin: Fassungsvermögen 125 ml (ebenfalls randvoll und ohne Tee). Gießt dank Halbkugelsieb und exakt gearbeiter Tülle gut ab. Sehr dünne Wandung. Das Kännchen war über Taiwan importiert worden und das Keramikfiltersieb ist auch eher unüblich für Yixing - deswegen meine Vermutung hinsichtlich Herkunft Taiwan. Die Marke erzählt freilich eine andere Geschichte. Nachdem ich mit einigem Zeitaufwand die Siegelschrift mit 荆溪惠孟臣制 (jing xi hui meng cheng zhi) entziffert hatte, stieß ich recht schnell per Google auf diesen recht instruktiven Post von Kyarazen auf Teachat: https://www.teachat.com/viewtopic.php?f=87&t=20655#p275502 - von dem ich allerdings als Yixing-Noob etliches nicht verstehe. Was beispielsweise zur Hölle ist ein " 4-leg seal "? Das Kännchen war beim Kauf unbenutzt und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es noch mit DM bezahlt habe - dass es also vor 1990 produziert wurde. Vielleicht gibt es ja hier den einen oder anderen Yixing-Aficionado mit einer privaten Fachbibliothek, der ich mich aufklären kann, ob ich das Kännchen eigens in meinem Testament erwähnen sollte, bevor es mein Sohn irgendwann für 10 Euro auf einem Flohmarkt verramscht und mich damit in meiner letzten Ruhestätte zum Rotieren bringt ... Beide Gefäße haben übrigens durch den Gebrauch einen schönen Oberflächenglanz entwickelt, was sich insbesondere beim direkten Vergleich mit den deutlich stumpferen Deckeln und der Gaiwan-Untertasse zeigt. Leider ist das auf den Fotos nicht zu erkennen. Bleibt mir nur noch, Euch einen schönen Tag und einen leckeren Tee in der Tasse zu wünschen - für mich begann der Tag mit einem Tai Mu Long Zhu und was jetzt folgt, dürfte klar sein: ein Da Hong Pao, in dem gerade vorgestellten Kännchen gebraut. _()_ miig, RobertC, Roberts Teehaus und 7 Weitere reagierten darauf 9 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Tobias82 Geschrieben 28. März 2019 Teilen Geschrieben 28. März 2019 ach Sogen, das ist mal wieder ein Beitrag, klasse Bilder, und schöner Text. Als alter Hase hast Du immer Zeug, dass Du schon vor langer Zeit gekauft hast. Muss auch mal wieder ein Kännchen raus kramen, kann das ja auch eventuell in diesem Faden posten und etwas beschreiben. Der Gaiwan sieht jedenfalls schön aus, der Ton gefällt mir auch gut, relativ natürlich, oder sagen wir gröbere Körnung. Roberts Teehaus reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Roberts Teehaus Geschrieben 28. März 2019 Teilen Geschrieben 28. März 2019 (bearbeitet) Eine einzige Augenweide, danke für das teilhaben lassen an diesen schönen Aufnahmen Bearbeitet 28. März 2019 von Roberts Teehaus Zitieren Link zu diesem Kommentar
RobertC Geschrieben 29. März 2019 Teilen Geschrieben 29. März 2019 Am 28.3.2019 um 12:28 schrieb SoGen: Was beispielsweise zur Hölle ist ein " 4-leg seal“ Tolle Vorstellung @SoGen 🙏 Die beste Quelle wäre natürlich die Yixing Bibel von Prof Lu (steht in meine Bibliothek), teilweise sind Kapitel davon auf TeaChat übersetzt worde. Hier findest Du einige Bilder von Siegeln, incl dem 4 leg xi: https://www.teachat.com/viewtopic.php?t=21881 Beide von Dir gezeigten Siegel wurden von der Factory 1 verwendet. Allerdings wurden dort keine Ballfilter verwendet, so dass die Kanne vermutlich eine non Factory custom order aus Taiwan sein müsste. Kann durchaus guter Ton und gut verarbeitet sein. Paul und SoGen reagierten darauf 1 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
SoGen Geschrieben 29. März 2019 Autor Teilen Geschrieben 29. März 2019 Herzlichen Dank, @RobertC, das ist in der Tat sehr hilfreich. Dass mich der Ballfilter hinsichtlich Herkunft ebenfalls etwas skeptisch gestimmt hatte, habe ich ja geschrieben. Die Verarbeitung ist - bis auf eine kleine Unsauberkeit am Ansatz des Deckelknopfes (auf dem Foto zu erkennen) gut - der Deckel besteht allerdings nicht den berüchtigten upside-down-Test, hat also ein wenig Spiel. Nicht so viel, dass es stören wurde, im Gegenteil empfinde ich das positiv fürs handling, wenn der Deckel beim Abheben nicht 'hakt'. _()_ Zitieren Link zu diesem Kommentar
Quorton Geschrieben 29. März 2019 Teilen Geschrieben 29. März 2019 @SoGen Eine Person deren ich Erfahrung bezüglich Kannen anvertraue ist Jay aus Hong Kong. Eins ist aber sicher und das kann man deutlich und klar sagen : das DIng soll jetzt nicht für 10 euro irgendwo auf einem Flohmarkt landen. Eine pre-1990er Yixing Kanne wird vermutlich guten Ton haben und da du sie ja in der Zeit gekauft hast, entfällt jede Sorge bezüglich einer Fälschung. Ob es sich um eine F1 Kanne handelt kann ich jetzt nicht sagen. Falls ja dann handelt es sich um ein Produkt den du heutzutage nicht unter 200 euro kaufen kannst, und das jetzt auch ziemlich großzügig nach unten geschätzt. Ich weiß es war zum Teil witzig gemeint, aber ganz ehrlich, ich würde das DIng tatsächlich in einen Testament erwähnen. Die Nachfrage nach solchen Kannen ist immens aktuell. Für eine F2-F5 Kanne aus den 1990er zahlt man ruhig 100 euro absolutes Minimum und die DInger sind jetzt nicht sonderlich gut verarbeitet (aber man kauft es trotzdem weil guter Ton). Diese Kanne wird nur immer wertvoller sein mit der Zeit. SoGen reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
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