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Versuch: Superior - Premium - Imperial


Gast

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Nicht nur ist der werdende Tee-Connoisseur zu Beginn seiner Karriere vom kaum durchschaubaren Angebot überwältigt, muss er sich nämlich nicht nur mit Teesorte, Terroir, Kultivar und dergleichen herumschlagen, nein, die angeboteten Waren übertrumpfen sich auch noch mit vermeintlichen Qualitätsaussagen und Superlativen im Produktnamen. Wo soll man anfangen, wo ist das Ende? Schlechte Nachricht zu Beginn: ein Ende gibt es nicht, ist ja keine Wurst, die zwei hat. Einen Anfang gibt es jedoch, und hat man sich mal einen groben Überblick, was Bancha, Sencha, Kabusecha und Gyokuro usw. sind, verschafft, kann man ja mal über den Tellerrand hinausblicken und sich auf einzelne Sorten konzentrieren. Ah, Superior Sencha klingt doch super - und dann zum Schnapperpreis?  Zuschlagen!

Inwiefern gilt "klingt super" = "ist super"? Ich hab meine Japantee-Erkundungstour anhand der Kurihara-Tees in den letzten Tagen weiter verfolgt und folgende Tees der 19er Frühlingspflückung genauer unter die Lupe genommen.

Superior Sencha - Hime Kaori (offiziell bepreist mit 11 USD/100g)

Premium Sencha - Hime Midori (18 USD)

Imperial Sencha - Hime Shizuku (24 USD)

 

Allein der Preisgestaltung lässt nachdenklich werden. Hält man sich an die Weisheit, dass Qualität auch was kostet, hinterlässt das Superior jetzt schon einen Nachgeschmack, obwohl der Tee noch nicht mal verkostet wurde. Imperial dagegen, ein kaiserlicher Tee? Da werden die Japaner ja wohl keine Blasphemie oder Majestätsbeleidigung betreiben?!

Ohne Rücksicht auf Verluste habe ich alle möglichen und unmöglichen Kombinationen aus Dosierung, Temperatur und Ziehzeiten über die Teeblätter - und mich - ergehen lassen.

Erkenntnis #1: als Farbenblinder (Rot-Grün-Schwäche) vermag ich zwar keine Fehlfarben-Schattierungen im Blattgut zu erkennen, aber ich weiß wie Stengel aussehen. Ich mag zwar auch den Stengeltee, aber hier habe ich Sencha, wo diese aussortiert sein sollten. Wenn im Superior nun welche drin sind, sagt das ja auch schon was über die Sorgfalt bei der Verarbeitung aus. Premium und Imperial haben nichts dergleichen und sehen auch sonst ziemlich gleich aus.

Erkenntnis #2: die empfohlenen Rezepturen können gleich mal wieder vergessen werden, hat mich bis auf den Imperial gar nicht überzeugt, und auch bei dem war mit etwas mehr Feingefühl ein Gros an Aromatik mehr herauszuholen. Wer denkt sich bei Kurihara (oder yunomi) das eigentlich aus..

Zu Beginn unter 60°C zu bleiben war sehr vorteilhaft. Zusammenfassend sind 3-3,5g auf ein 100 ml Kännchen, 1. Aufguss je nach Tee (aufsteigende Qualität verträgt längere Brühzeiten) zwischen 60s und 90s , dann ein ganz kurzer 2. Aufguss und dann stetig mit der Temperatur (+5-10°C) und der Zeit (3. Aufguss 60s, dann +30-60s) nach oben gehend, eine einfache, wohlschmeckende Tees produzierende Zubereitung. Geht bis zu 5 Aufgüssen, wobei man sich von Nr. 4 und 5 nicht mehr allzuviel erhoffen sollte. Nr. 1 ist stets der beste.

Erkenntnis #3: Namen sind Schall und Rauch. Laut Duden bedeutet superior = überlegen. Das einzige was hier für mich etwas mit "überlegen" zu tun hat, ist, dass ich "überlegen" muss, nochmal einen Superior zu kaufen. Der konkrete Tee wird als "A delicious green tea for your daily cup" beworben. Das mag mit gewissen Einschränkungen richtig sein, er hat aber leider nichts großartig Eigenständiges hat, in dem er sich hervortut. Ungehobelt kommt er daher. Er ist durch und durch Mittelmaß. Ich empfehle, den kleinen Aufpreis zumindest für den Premium auszugeben. Der ist lecker, nussig, mit einer leichten Fruchtsäure und umami-Untermalung. Der Imperial hat mich dagegen wirklich überzeugt. Viel umami, schön sämig und süß, die von Dunkelschokolade und Zitronenzesten abgelöst werden. Der doppelte Preis bedeutet hier gleich ein Vielfaches an Genuss.

q. e. d.

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wie sind eigentlich die Klassifizierungen

Zitat

(http://teapedia.org/de/Sencha)

zu verstehen?

 

Können die auch wahllos vom Produzenten verwendet werden und japanische Bezeichnungen klingen einfach nochmal besser als die englischen , oder gibt es hier Vorgaben in irgendeiner Art und Weise?

 

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Dazu habe ich auf gruen-tee.com (die Seite wird von den Leuten hinter Marimo betrieben) folgendes gefunden:

"Zunächst einmal: Was bedeutet eigentlich das „Tokujou“ von Tokujou Sencha?

Die Silbe „toku“ bedeutet besonders“, und die Silbe „jou“ bedeutet gut, hochwertig. „tokujou“ bedeutet also einfach, dass es sich um eine besonder hochwertige Sorte handelt. Besonders bei der Teesorte Sencha wird dies als Attribut verwendet, da die meistens Teegärten mehrere Sorten von Sencha herstellen, und für ihre Kunden ein System brauchen um die einzelnen Sencha-Qualitäten voneinander abzugrenzen.

Wann genau es sich um eine „tokujou“ Qualität handelt, legt natürlich jeder Hersteller, jeder Teegarten, jeder Händler selbst fest, aber wie leicht nachzuvollziehen ist, wäre es peinlich einen Tee als Tokujou Sencha zu bezeichnen, wenn dessen Qualität ganz offensichtlich nicht gut wäre. Dass die Morimotos ihrem Tokujou Sencha als selbst dieses Attribut zuschreiben, beruht auf der Grundlage, dass sie einiges dafür tun, dass es sich wirklich um einen besonders guten Sencha handelt. Aber was genau?"

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Prinzipiell das was @Teeknospe geschrieben hat. Mit der Einschränkung, dass was bei dem einen als Tokujô klassifiziert wird, woanders gerade mal als Bancha taugt. Etwas salopp gesagt. 😉 Die Unterschiede sind teils gewaltig, und von einer Norm mit Kriterien, die für den Konsumenten nachvollziehbar sind, weit entfernt. Als Vergleichsmerkmal haben diese Bezeichnungen mehr oder weniger Null Aussagekraft. Innerhalb der Produktpalette eines Produzenten ja, aber auch da würde ich nicht viel drauf geben. 

Anstelle von: gut, besonders gut und super gut (im japanischen) war man bei den englischen Bezeichnungen richtig kreativ, in dem Sinne, dass man dem Kunden einen Spielraum lässt, wie das Ganze zu interpretieren sei. 🥳

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  • 2 Wochen später...
Am 24.4.2020 um 09:50 schrieb seika:

Mit der Einschränkung, dass was bei dem einen als Tokujô klassifiziert wird, woanders gerade mal als Bancha taugt. Etwas salopp gesagt. 😉 Die Unterschiede sind teils gewaltig, und von einer Norm mit Kriterien, die für den Konsumenten nachvollziehbar sind, weit entfernt. Als Vergleichsmerkmal haben diese Bezeichnungen mehr oder weniger Null Aussagekraft.

 

mit freier Wahl, wie ein Tee klassifizert ist, ist das sehr naheliegend, wie ich mittlerweile auch mit einem (13€/100g) und einem Tokujô Sencha (25€) von Kono (Minamiyamashiro, Kyoto) erfahren konnte.

In sich gibt es deutliche Unterschiede, wobei der für mein Empfinden aber von vornherein schon etwas über dem Premium von Kurihara liegt.

Beide Kono sind hervorragende Tees, der grasiger und mit der Nussigkeit "geerdeter", der Tokujô schwebt mehr auf einer umami-Wolke und kommt filigraner, süffiger daher. Unabhängig vom Preis hab ich in der letzten Zeit immer mal wieder zu einem der beiden gegriffen, je nachdem nach welchem Geschmack mir war.

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