seti17 Geschrieben 30. November 2014 Teilen Geschrieben 30. November 2014 Pomelo Fuxi, Oolong von Zhangzhou, Fujian Bei diesen "Teeorangen" handelt es sich um eine Spezialität der Hakka, einer Han-Minorität, die u.a. auch für ihre ungewöhnlichen Erd-Rundhäuser, den Tolou, bekannt ist. Bei der Herstellung wird ein wenig oxidierter, ungerollter Oolong in ausgehöhlte Zitrusfrüchte (Pomelo, Orangen) gepackt und dann mindestens 3 Jahre unterirdisch gelagert. Dabei verfärben sich die Früchte und werden völlig schwarz und der Tee im Innern fermentiert. Die Hakka nutzen diesen Tee als Medizin bei Verdauungsbeschwerden und soweit ich weiß werden die angebrochenen Teeorangen umso höher geschätzt desto älter sie sind. Sie werden oft in Tüchern oder Beuteln eingeschlagen aufbewahrt. Zufällig habe ich hier noch einen Beutel von einer Bestellung bei Chà Dáo... Ich habe momentan zwei Teeorangen hier, eine wiegt ca. 70g, die andere ca. 90g. Von der Größe her kann man sie ungefähr mit Mandarinen vergleichen. Ich habe sie nicht zusammen erworben und als ich sie kaufte hatte Cha-Shifu noch keinen Online-Shop. Den Preis müsste ich nachschauen, ich hatte sie mit anderen Sachen zusammen bestellt. Bezugsquelle (Cha-Shifu) siehe unten, bei den "Links". Die Orangen sind recht kunstvoll in Folie eingeschlagen und mit Bändern verschnürt - kann man aber auf den Fotos nicht gut sehen. Ob es sich um eine kleine Pomelo oder eine andere Zitrusfrucht bei diesen "Teeorangen" handelt weiß ich nicht. Pomelos sind allgemein sehr groß und gehören zu den größten Zitrusfrüchten, daher gehe ich eher von einer Orangen(art) aus. Allerdings wird es sowieso bei der Herstellung der "Teeorangen" zu einem nicht unerheblichen Gewichts- und Volumenverlust kommen. Vorbereitungen: Mithilfe eines Taschenmessers fenestriere ich die Zitrusfrucht um mich dann mithilfe eines (stumpfen) Pu-erh-Messers und einer Pu-erh-Nadel über die Tee-Innereien herzumachen. Das Innere ist äußerst fest gepackt und es ist nicht so einfach, einen Ansatzpunkt zu finden und da behutsam stückweise etwas herauszuhebeln. Daher entsteht einiges an winzigen Fragmenten. Es ist nicht mit einem fest gepressten Cake zu vergleichen. Ein feines Sieb zum Abgießen in den Pitcher ist unabdinglich. Den Hakka scheint man auch Sparsamkeit und sorgfältiges Wirtschaften nachzusagen, in dem Fall werden sie sicher auch die feinsten Krümel nutzen - also sollte ich das wohl auch tun Die Schale wird mit aufgegossen. Diese ist glänzend schwarz und dünn, <1mm. Aufgrund der vielen kleinen und kleinsten Fragmente, inkl. Teestaub, beschließe ich die Einwaage geringer als sonst zu wählen, die Oberfläche ist ja sehr groß. Evtl. werde ich auch die Ziehzeiten etwas verringern, mal schauen. In den vorgewärmten Gaiwan gefüllt macht sich ein intensiver und aromatischer Zitrusduft breit, mehr nach den süßlicheren Varianten wie Orangen oder Mandarinen als nach Zitronen oder Grapefruit. Dosierung: 4.2g für ~110ml Gaiwan Wasser: Black Forest still, Temperatur jeweils ca. 92°C bis 96°C (nur geschätzt) Ziehzeiten: ca. 10sek, 12 sek, 17 sek, 24sek, 30sek, 45sek, 70sek, 120sek,... - vgl. unten. 1. Aufguss (10sek, mehr oder weniger sofort abgegossen): Dunkler Aufguss mit kupfrig-orangen Tönen und trotz des sehr feinen Siebes einiges an Staub mit in der Tasse. Intensives Zitrusaroma und auch -geschmack. 2. Aufguss (12 sek): Ähnlich 1. Aufguss. 3. Aufguss (~17 sek): "Erdig" finde ich ihn nicht, aber vielleicht kommt das ja noch. Keinerlei Bitterkeit, angenehm säuerlich. Die Farbe des Aufgusses ist von einem dunklen Bernsteinton. 4. Aufguss (24 sek): Das ausgeprägte Zitrusaroma ist noch da, lässt aber in seiner dominierenden Ausprägung nach. Der Geschmack ist langhaftend, bis in den Rachen hineinreichend und erfrischend säuerlich. 5. Aufguss (~30sek): Ich würde sagen, es kommen mehr Teearomen zum Vorschein. Bzw. diese werden von Anfang an vorhanden sein, es ist aber nicht leicht, diese Anbetracht der ausgeprägten Zitrusnoten zu differenzieren. Der Tee schmeckt sehr "leicht". 6. Aufguss (45sek): Leicht erdige Noten schleichen sich ein, keine Bitterkeit. Gut "den Mundraum füllend", stark haftend besonders im Lippenbereich. Langer, zitrusartiger Nachgeschmack. 7. Aufguss (1min 10sek): Das nasse Blattgut ist wirklich schwarz und sehr fein, man hat ein kleines Häufchen an nassem Tee unten in der Gaiwan. Interessanterweise scheint der Geschmack noch länger nachzuschmecken. Der Teegeschmack ist irgendwie wenig oolong-ig, aber das ist nicht so unerwartet, hat doch der Herstellungsprozess Parallelen zum Pu erh... Er erinnert mich etwas an die nachfermentierten Japantees, Goishicha und Batabatacha. 8. Aufguss (~2min): Mal sehen, wie viele Aufgüsse es insgesamt werden, ich plane zum Schluss noch einen langen Aufguss. Eigentlich probiere ich solche ungewöhnlichen Tees, die ich zudem noch nicht gut kenne, lieber mehrfach und unter variablen Parametern (Dosierung, Ziehzeiten, Temperatur) aus, bevor ich dazu einen solchen Thread erstelle. Bei so andersartigen Tees ist es auch nicht möglich, sich an vertrauten und bewährten "Standards" zu orientieren. Ich bin gespannt, wie sich eine Veränderung der Parameter auswirkt, ob man den Geschmack des eigentlichen Tees stärker in den Vordergrund holen kann. Möglicherweise durch eine starke Verlängerung der Ziehzeiten? Ich orientiere mich bei den Ziehzeiten auch immer an der Entwicklung des Tees, seiner Farbe und seines Aromas und bei diesem Tee kam noch die feine Struktur hinzu, die einem schnellen Abgießen z.T. etwas im Wege steht. Fazit: Mal ganz abgesehen von der ungewöhnlichen Form und der Historie dieser Teeform ein sehr interessanter, erfrischender Tee. Scheint unkompliziert zu sein. Sehr ausdauernder Tee zudem. Keinerlei Bitterkeit und der "Hauptgeschmack" ist eine frische und anhaltende Zitrusnote. Ansonsten nicht sehr differenziert - dies schreibe ich aber unter Vorbehalt, denn wie gesagt, dieses war mein erstes Mal. Daher auch die noch oberflächlichen Beschreibungen, er hat auch einfach nicht den changierenden Tiefgang anderer Oolongs - bin aber auch gerade nicht ganz topfit (warum glaubt ihr wohl, dass ich gerade diesen Tee trinke? Nein, nein, hat eigentlich nichts damit zu tun.). Ob er gegen Verdauungsbeschwerden hilft, kann ich nicht sagen - man kann den jedoch bestimmt auch ohne entsprechende Symptome trinken Links: Hier kann man den Tee erwerben: cha-shifu/shop/pomelo-fuxi-oolong-from-zhangzhou Hier findet man schöne Bilder von Cha-Shifu, auch zu den runden Erdhäusern: http://www.teetalk.de/topic/1340-eure-neuste-tee-anschaffung/?p=39875 Hier weitere Informationen zum Thema, von "Die Kunst des Tees": http://www.diekunstdestees.de/epages/63140717.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/63140717/Categories/Blog/Traditioneller_Pomelo_Tee Und hier noch Wikipedia zu den Hakka: http://en.wikipedia.org/wiki/Hakka_people Bilder: Ich bitte die Qualität zu entschuldigen 1. Aufguss vs. 6. oder 7. Aufguss, vergleich des Blattguts, Größe der Teeorangen. Ryokucha, Teeminator, Paul und 2 Weitere reagierten darauf 5 Zitieren Link zu diesem Kommentar
Paul Geschrieben 30. November 2014 Teilen Geschrieben 30. November 2014 Schöner runder Bericht!Mich würde mal interessieren, was der Tee macht,wenn man ca. 2,5 gr auf 200 ml drei Minuten, oder noch länger ohne Schale ziehen läßt. seti17 reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
seti17 Geschrieben 30. November 2014 Autor Teilen Geschrieben 30. November 2014 Vielen Dank, Paul Ein interessanter Vorschlag, das werde ich mal probieren.Die Schale soll mit verwendet werden, so habe ich es bislang gelesen, aber ein "Muss" ist es nicht. Die Schale kann man auch gut in einem Stück wegschneiden und abheben vom komprimierten Tee, von daher ist das gut machbar. Der Tee im Inneren hat sicher auch ohne Schale Zitrusnoten angenommen, aber das Gros wird wohl die Schale ausmachen. Zitieren Link zu diesem Kommentar
VanFersen Geschrieben 30. November 2014 Teilen Geschrieben 30. November 2014 Also nimmt der Oolong eigentlich sehr viel von der Mandarine an geschmacklich, wie aromatisiert oder bleibt der eigentliche Charakter schon im Grunde erhalten? Zitieren Link zu diesem Kommentar
Cha-Shifu Geschrieben 1. Dezember 2014 Teilen Geschrieben 1. Dezember 2014 Seti, wunderbarer Bericht über eine geschmacklich sehr eigene Spezialität.Quasi parallel zu deiner Verkostung haben meine Frau und ich über eine Pomelo hergemacht und über den nun vorherrschenden Geschmack diskutiert und konnten uns zu zweit nur auf zwei Meinungen verständigen Für meine Frau überwiegt der erfrischende Zitrusgeschmack, wohingegen ich der Meinung bin, dass in den vorderen Zweidritteln des Mundraums die Pomelo überwiegt, zugleich aber im hinteren Drittel, besonders im Abgang klar fermentierte Noten zu schmecken sind, die aber weniger an Oolong als an Pu-erh erinnern.Fersi bin schon gespannt auf dein Urteil! seti17 reagierte darauf 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar
seti17 Geschrieben 1. Dezember 2014 Autor Teilen Geschrieben 1. Dezember 2014 Ich freue mich über das Feedback, leider habe ich momentan wenig Zeit und bin daher etwas spät mit der Antwort - sorry!@VanFersen: Nein, ich finde nicht, dass es wie aromatisierter Tee schmeckt. Ich muss aber dazu sagen, dass ich keinen aromatisierten Tee sonst trinke, mal einen Earl Grey höchstens. Der Zitrusgeschmack und der Teegeschmack existieren schon nebeneinander her, nur ist Ersterer gerade zu Beginn in der Ausprägung sehr dominant. Unter Teegeschmack darfst du dir aber nicht so etwas wie einen Felsentee oder so vorstellen.Cha-Shifu hat es passend ausgedrückt, danke. Es ist nicht sehr oolong-ig vom Geschmack.Cha-Shifu, mich würden deine Parameter interessieren - die Teeorange wird sicher demnächst wieder in den Gaiwan wandern.Ach so, VanFersen, ich bin der Meinung, dass es sich bei den Früchten schon um Orangen handelt(e). Sie schrumpfen nur - sieht man ja auch an der Schalendicke - und sind jetzt ungefähr so groß wie Mandarinen. Ich wollte euch nur die Größenverhältnisse etwas verdeutlichen, daher mein Vergleich. Orangen sind meist größer 8und diese Größe würde man visualisieren), gerade auch in Europa, weil ja eine gewisse Mindestgröße verlangt wird, die überhaupt auch erst in den Handel gelangt. Anderswo sieht man das nicht so eng; beim Eigenanbau auch - allerdings fallen da Orangen in den hiesigen Breiten weg. Geschmacklich würde ich auch sagen, eher Orange als Mandarine. Zitieren Link zu diesem Kommentar
Cha-Shifu Geschrieben 2. Dezember 2014 Teilen Geschrieben 2. Dezember 2014 Parameter: kochendes Wasser - 180ml Porzellan Gaiwan - 12g - ersten 6 Aufgüsse <5 sek., dann steigernd bis zum 12 Aufguss gut 5 MinutenHihi diese Orangen - Mandarien Debatte, die meisten hier in CN kennen gar keine Mandarine, sondern nur Orangen für alles Kleine und Pomelo für alles Große, wobei zwischen Fruchtschleischfarbe differenziert wird. Ich komme mit diesem Ansatz wunderbar klar Zitieren Link zu diesem Kommentar
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